Wie ich meine Rolle als Kritiker sehe: Schön
oder gut? – Gedanken zur Kunstkritik (Essay)
(Saarländisches
Kultur-Journal 5/1995)
Oliver Baglieri: Ninette – Am Ende der Unendlichkeit. Briefe eines Untoten – Leipzig 2005
Dieser Roman ist, wie der Untertitel schon angibt, ein Briefroman und nicht nur damit in
einer alten Tradition, von der Romantik über Dracula bis zur Moderne. Wir
erfahren nur eine Sichtweise: die eines Vampirs, der zur Zeit des Baues des
Eiffelturms um 1890 seines langen Untotendaseins müde, aber durch die Liebe
zu einer Frau vom Selbstmord abgehalten wird. Er begegnet dieser nie wirklich,
umschleicht sie wie die Motte das Licht, beobachtet sie und nimmt den Kontakt
zu ihr auf durch den Maler Henri, der sowohl die schöne Ninette wie auch
ihn malt – bis ihn am Ende die Liebe zu dem Mann zur Aufgabe zwingt und
er doch sein Ende sucht.
Der verkrüppelte Künstler ist eindeutig der berühmte französischer
Maler und Graphiker Henri Marie Raymond de Toulouse-Lautrec (1864 bis 1901),
der vor allem durch seinen plakativen Flächen- und Linienstil und seine
Motiven aus dem Vergnügungs- und Halbweltleben auf dem Pariser Montmartre
bekannt wurde. Baglieri verbindet geschickt die Zeitumstände und die Beschreibung
der der Moderne huldigenden Großstadt Paris, wo es keine große Rolle
spielt, dass der Vampir Nacht für Nacht Menschen tötet, mit dem Innenleben
des extrem emotionalen Untoten.
Man muss so etwas mögen: die seitenweise Beschreibung von Gefühlen,
ohne dass sich etwas in der Außenwelt tut, die Todessehnsucht, die sich
mit philosophischen Ergüssen mischt (oft zweifelhafter Qualität und
nicht selten sich widersprechend), dieses Leiden an der Welt und an der Liebe,
die Unentschiedenheit im Handeln und im Lebenswentwurf ... Es ist ein Buch für
Menschen, die Melancholie und die (dunkle) Romantik sowie lange Beschreibungen
von Gefühlen mögen; diesen wird es gefallen.
Allan Ball: True Blood (Comic/Graphic novel), Band I – Panini 2011
TRUE BLOOD, die Fernsehserie um die telepathisch veranlagte Kellnerin Sookie Stackhouse nach der Buchreihe von Charlaine Harris, ist in meinen Augen weitaus besser als die Bücher. Sie ist tiefgründiger, geht weitaus eher auf soziale und ethische Probleme ein, thematisiert Rassismus und viele Probleme besonders in den Südstaaten der USA viel stärker und ist meiner Meinung nach auch erheblich unterhaltsamer. Obwohl Sex durchaus explizit eine Rolle spielt, tut er das auf eine weitaus härtere und weniger softpornografische (und langweilige) Weise als in den Büchern. Leider kommt mir dieser Comic vor wie der Versuch, aus dem Erfolg auf billige Weise Kapital zu schlagen. »Blut und Sex in einer heißen, regnerischen Nacht im Merlotte’s«, heißt es in der Werbung. Leider gibt es nur das eine im Übermaß, und Spannung suche ich vergebens. Zudem widerspricht die Geschichte, in der die Anwesenden einer absonderlichen Kreatur mit Tentakeln, die sich von Scham ernährt, ihre angeblich schlimmsten Erinnerungen erzählen müssen, teilweise dem, was man aus der Serie weiß (mit den Büchern hat das alles sowieso nichts zu tun). Die ach so persönlichen und schmerzvollen Erinnerungen entpuppen sich zum Teil als eher harmlos (was Schlimmeres haben einige nicht zu bieten?) oder der US-amerikanischen Prüderie geschuldet. Die Story von Alan Ball, dem Schöpfer der Fernsehserie, ist einfach nur lahm. Geschrieben wurde sie von David Tischman und Mariah Huehner, gezeichnet von David Messina, der es leider schafft, dass man manchmal nicht mal erkennen kann, wer wer sein soll. Eine große Enttäuschung!
Zwei Personen erzählen eine Geschichte: ein Vampir und sein Verfolger. Immer wieder laufen sie sich über den Weg; warum der Verfolger so sehr hinter dem Vampir her ist, wird nicht ganz klar. Irgendwann nimmt er dem Vampir eine Art Spazierstock ab, von dem sich später herausstellt, dass er etwas ganz Besonderes ist, der Gayal, in dem die Seele des verfluchten Vaters des Vampirs eingeschlossen ist. Am Ende kommt es zu einem Showdown, in dem die Seele befreit und der Verfolger erledigt wird, beides in einem Aufwasch. – Klingt etwas verworren? Ist die Geschichte auch. Und zudem leider ziemlich betulich erzählt und manchmal sehr konstruiert, weder sonderlich spannend noch bewegend. Wenn es zu starken Konfrontationen kommt, ist die Handlung oft umständlich und langweilig beschrieben. Motivationen und Emotionen der Handelnden sind unklar oder werden bestenfalls erzählt, nicht aber (nach-)fühlbar. Was die Geschichte eigentlich will (bzw. die Erzählenden wollen) oder soll, bleibt mir unklar. Ich habe eine nette Geschichte gelesen, aus der man viel mehr hätte machen können. – Schade um diesen ersten Roman (der eher eine lange Novelle ist) des deutschen AutorInnen-Paars; mit einem guten gründlichen Lektorat hätte was richig Gutes draus werden können. Ich bin gespannt, wie sich die beiden entwickeln und ob sie in den nächsten Werken ein höheres Niveau erreichen.
»Ein verwegener Vampirroman« lautet der Untertitel des Romans »Verlorene Seelen« von Poppy Z. Brite, und das trifft zu. Da geht es um Rock und Drogen, die Vampire sind mindestens so ausgeflippt wie die Menschenjugendlichen – ein sehr interessanter Roman mit ganz neuen Ansätzen, den Vampirmythos zu interpretieren, aber auch viel esoterischem Beiwerk. Mir bleibt ein zwiespältiges Gefühl.
Eine Nachwuchsautorin ist Büttner wirklich nicht mehr: Ihr Erstlingswerk hat sie erst veröffentlicht, nachdem die Erziehung ihrer Söhne praktisch abgeschlossen war. Nun hat sie Zeit zum Schreiben... »Blutsfreunde« ist der erste Roman einer geplanten mehrteiligen Vampir-Saga. Daniel, Erbe eines ermordeten Burgherrn, trifft auf der Flucht in einem Wanderzirkus den Vampir Nicolas, der dort gefangen gehalten wird. Er befreit diesen und wird schließlich selber zum Vampir. Jahrzehnte vergehen, Davids Sohn wächst heran, und immer wieder wird es gefährlich. – Insgesamt ist das Ganze eingängig und unterhaltsam geschrieben, manchmal auch richtig spannend. Manche Längen und nicht ganz geglückte Formulierungen trüben allerdings etwas den Lesegenuss.
Schattengräber ist ein ungewöhnlicher Vampirroman, in dem besonders die gelungene Darstellung der beiden Ich-Erzählerinnen, einer Vampirin und einer »Seelenlandschafterin«, ins Auge sticht, aber auch die gut durchdachte religiöse und soziale Struktur dieser Fantasy-Welt. Leider ist der Roman manchmal etwas zäh und am Ende zu bombastisch.
Die Serie
um den Dämonenjäger John Sinclair ist eine der erfolgreichsten Heft-
und Taschenbuch-Serien; weit über 1.000 Romane um den Oberinspektor von Scottland
Yard, »Sohn des Lichts«, »Erben des Kreuzes« und was der
Titel mehr sind, hat Helmut Rellergerd, besser bekannt unter seinem Pseudonym
Jason Dark, seit 1973 verfasst. 1997 kam der erste John-Sinclair-Film ins
Fernsehen, auf RTL lief 2000 eine mittelmäßige
Fernsehserie. Sogar ein umfangreiches Lexikon
gibt es.
Die bisher erschienen Hörbücher waren eher schwach (aber natürlich
haben auch die Bücher kein sonderliches »literarisches« Neveau
zu bieten). Bei Lübbe-Audio sind nun wirklich interessante Hör-Umsetzungen
einiger Romane erschienen, als erste sechs im Oktober 2000 »Die Totenkopf-Insel«,
»Achterbahn ins Jenseits«, »Damona – Dienerin des Satans«,
»Der Mörder mit dem Januskopf«, »Schach mit dem Dämon«
und »Im Nachtclub der Vampire«. Angereichert mit wirklich hörenswerten
Effekten präsentieren hier bekannte Sprecherinnen und Sprecher auf höchst
unterhaltsame Weise ehre triviale Gruselstories, die man auch als Nicht-Sinclair-Fans
genießen kann. Erzähler ist Joachim Kerzel, Synchronsprecher u. a.
von Jack Nicholson und Dustin Hoffmann, John Sinclair spricht Frank Glaubrecht,
die »Stimme« von »James Bond« Pierce Brosnan, und als
Sinclairs Freundin Jane Collins ist die Stimme von »Akte-X«-Agentin
Scully, Franziska Pigulla, zu hören.
Die Serie
um den Dämonenjäger John Sinclair ist eine der erfolgreichsten Heft-
und Taschenbuch-Serien; weit über 1-000 Romane um den Oberinspektor von Scottland
Yard, »Sohn des Lichts«, »Erben des Kreuzes« und was der
Titel mehr sind, hat Helmut Rellergerd, besser bekannt unter seinem Pseudonym
Jason Dark, seit 1973 verfasst. 1997 kam der erste John-Sinclair-Film ins
Fernsehen, weitere Filme sind geplant, und auf RTL lief 2000 eine mittelmäßige
Fernsehserie. Sogar ein umfangreiches Lexikon gibt es. 2000 begann Lübbe-Audio mit wirklich interessanten Hör-Umsetzungen
einiger Romane, neu dramatisiert, gut aufeinander aufbauend, angereichert mit wirklich hörenswerten
Effekten und präsentiert von bekannten Sprecherinnen und Sprechern auf höchst
unterhaltsame Weise. Manchmal gewinnen die Abenteuer durch die Modernisierung und Kürze sogar gegenüber den Büchern!
Diese Reihe wird nun noch einmal aufgelegt, digital remastered, teilweise verlängert, mit neuer Musik und neuen Schock-Effekten, einzeln erhältlich und in Dreierboxen, und jeweils um ein Interview oder Making Of ergänzt. So kann man Erzähler Joachim Kerzel, »John Sinclair« Frank Glaubrecht oder »Jane Collins« Franziska Pigulla im Werkstattgespräch oder in Diskussionen mit Regisseur und Drehbuchautor erleben, auch Jason Dark gibt einiges an Hintergrundinformationen preis. Aktuell (April 2009) sind die ersten sechs Folgen wieder erschienen: »Im Nachtclub der Vampire«, »Die Totenkopf-Insel«,
»Achterbahn ins Jenseits«, »Damona – Dienerin des Satans«,
»Der Mörder mit dem Januskopf« und »Schach mit dem Dämon«. Ein rundum gelungenes und unterhaltsames Hörvergnügen!
Die Serie um den Dämonenjäger John Sinclair ist eine der erfolgreichsten Heft- und Taschenbuch-Serien und inzwischen mit rund 70 Hörspielen und 10 Classic-Ausgaben auch im Hörbuch/-spiel sehr erfolgreich. Oft sind die Hörspiele sogar unterhaltsamer und kurzweiliger als die Romane um den Oberinspektor von Scottland Yard, den »Sohn des Lichts«, »Erben des Kreuzes« und was der Titel mehr sind. Denn Helmut Rellergerd, besser bekannt unter seinem Pseudonym Jason Dark, neigt im Schreiben oft zu Klischees und Längen, und daher tut die Dramatisierung und Bearbeitung für das Hörspiel der Story oft gut. Vier der besten Folgen rund um Vampire hat der Verlag nun in eine Jubiläumsbox verpackt: »Im Nachtclub der Vampire«, »Die Eisvampire«, »Mannequins mit Mörderaugen« und »Horrortrip zur Schönheitsfarm«. Alle diese Folgen sind schon erschienen, sie lohnen sich also nur für Leute, die die Folgen noch nicht haben, also für Neueinsteiger, Sammlerinnen oder Menschen, die sie nur für Vampirfolgen interessieren. Leider ist die Ausstattung ziemlich billig in einer Papphülle, aber dafür sind die vier CDs auch sehr günstig.
»Abgründige Geschichten von der Nachtseite der menschlichen Seele« verspricht der Untertitel, und so ganz falsch ist das nicht. Es handelt sich im Wesentlichen um Kriminalgeschichten, und viele sind schon älteren Datums – leider ist der Scherz-Verlag, den ich wegen seiner guten Anthologien ansonsten sehr schätze, auch hier seiner unseligen Tradition treugeblieben, bestenfalls ein ©-Datum anzugeben, selten aber das Erscheinungsjahr. Aber abgesehen davon, dass viele dieser Kriminalgeschichten wirklich lesenwert sind – u.a. kleine Meisterwerke von Henry Slesar, Ron Goulart, Agatha Christie, Hans-Jörg Martin und Dorothy Sayers – gibt es in diesem Buch auch zwei hervorragende Gruselstorys. Der »Expreß zur Hölle« von Robert Bloch, dem Autor von »Psycho«, ist eine der amüsantesten und gelungensten Variationen des Themas »Pakt mit dem Teufel«, die ich kenne. Stephen King wird nach meiner Auffassung oft überschätzt, besonders in seinen Romanen; Erfolg und literarische Qualität gehen auch hier nicht unbedingt Hand in Hand. Doch in der kleinen Form hat er so manches Juwel geschaffen; dazu gehören auch die Geschichte »Einen auf den Weg«, die in der Nähe von Salem’s Lot spielt, ein paar Jahre nach den unglückseligen Ereignissen, die in »Brennen muss Salem« beschrieben wurden. Diese Geschichte ist eine der anrührendsten modernen Vampirgeschichten, weitaus besser als der erwähnte Roman, von düsterer, bedrohlicher Stimmung, und alleine schon diese Anthologie wert.
Elrod gilt inzwischen neben Anne Rice und Chelsea Quinn Yarbro als eine der »Vampirköniginnen« der USA. Dazu hat nicht zuletzt ihre Reihe um den Vampirdetektiv Jack Fleming beigetragen, die inzwischen über 10 Romane umfasst. Dem Verleger Frank Festa kommt das Verdienst zu, diese Werke nach Deutschland gebracht zu haben. Und dies hat sich gelohnt: Die Bücher sind spannend und humorvoll, zwar nicht tiefgründig, aber beste Vampirunterhaltung – vorausgesetzt, man hat etwas übrig für das Chicago der 30er-Jahre und Kriminalliteratur. 1936 wird der Reporter Jack Fleming in Chicago ermordet und kommt als Vampir wieder zu sich. Mit Hilfe eines »Privatagenten«, einer Mischung aus Sam Spade und Dr. van Helsing, jagt und beseitigt er seine Mörder und findet nebenbei eine Frau, die ihn liebt. Im zweiten Band muss er sich mit der gealterten Schwester jener Frau rumschlagen, die ihn einst zum Vampir machte und nun selber unsterblich werden will. Man kann sich bei Elrod darauf verlassen, dass die klassischen Vampirregeln eingehalten werden und das Verhältnis von »Bösen« und »Guten« ziemlich klar ist. Auf dieser Folie erwarten einen spannende Bücher, besonders durch die Kombination mit Krimi-Elementen, die ich nur empfehlen kann. Kurzgeschichten um den Helden findet sich übrigens in den hervorragenden Anthologien HR Giger’s Vampirric und Denn das Blut ist das Leben.
Blutzirkel (2005): In diesem dritten Band der Reihe erfahren wir, was aus jener Frau wurde, die Fleming einst zum Vampir machte – und wir (bzw. Fleming und Escott) treffen auf den Helden aus Elrods anderer Reihe, Jonathan Barrett. Dieser ist hier eher unsympathisch geschildert, eben aus der Sicht von Fleming, und wer ihn nicht aus seiner eigenen Reihe kennt, kann Barrett durchaus verdächtigen. Dieses Zusammentreffen hat seinen eigenen Reiz, und das Buch ist eine sehr gelungene Mischung aus spannendem Krimi und amüsantem Spiel mit Zeitebenen, mit gelungenen Einsprengseln von Melancholie. Sehr lesenswert.
Wir begegnen Jack übrigens auch in zwei sehr gelungenen Kurzgeschichten in »HR Giger’s Vampirric« und in »Happy Bissday!«.
Auf die nächsten Bände kann man gespannt sein; im Englischen liegen bisher weitere (2006) 8 Bände vor: Art in the Blood (1991), Fire in the Blood (1991), Blood on the Water (1992), A Chill in the Blood (1993), The Dark Sleep (1999), Lady Crymsyn (2000), Cold Streets (2003) und Song in the Dark (2006).
Elrod gilt inzwischen neben Anne Rice und Chelsea Quinn Yarbro als eine der »Vampirköniginnen« der USA. Neben ihrer Serie um den Vampirdetektiv Jack Fleming hat sie inzwischen eine weitere Reihe vorgelegt, von der bisher 4 Bände erschienen sind. »Held« ist der Anwaltssohn Jonathan Barrett, den Elrod schon kurz im ersten Band um Fleming erwähnte (er hat die Vampirin umgewandelt, die dies mit Fleming tat). Als Jüngling studiert er in England, wo er eine intensive Liebesbeziehung zu der Vampirin Nora pflegt. Zurückgekehrt nach Long Island kommt er 1776 in den Wirren des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges um und erwacht wieder als Vampir. Dies und seine Anstrengungen, damit klarzukommen und sich in ein scheinbar »normales« Leben zu integrieren, ist der Inhalt des ersten Buches. Im zweiten Band kommt es zu erheblichen Komplikationen, zu Überfällen und Kämpfen und vor allem der Heirat von Jonathans Schwester Elizabeth mit einem Hochstapler, der sich für einen Lord ausgibt. Am Ende sind dieser und seine Verbündeten tot und Jonathan entschließt sich, mit Elizabeth nach England zu reisen, um Nora zu suchen. – Leider sind die Bücher nicht immer sehr unterhaltsam, weisen sie doch viele Längen auf und sind oft betulich in Schilderung und Handlung. Auf der bei Elrod üblichen Folie von klassischen Vampirregeln und klarem Verhältnis von »Böse« und »Gut« werden schön die Schwächen des Vampirs aufgezeigt. Doch die Gefühle und Motivationen wirken oft gekünstelt und konstruiert. Wenn man historische Romane mag, dann ist dies eine lesenswerte Reihe, sonst kann man darauf verzichten. Die Reihe kann mit der älteren um Fleming nicht mithalten.
Der
maskierte Tod (2005): Im dritten Band reist
Jonathan mit seiner Schwester nach England, um nach Nora zu forschen, jener
Vampirin, die ihn »erschuf«, und den Gefahren des Unabhängigkeitskrieges
zu entgehen. Natürlich ist er weiterhin edel und gut, obwohl er manchmal
»über die Stränge schlägt«, aber wieder nur, wenn
er es mit Bösewichtern zu tun bekommt. Und davon gibt es genug, gerät
er doch in ein ausgefeiltes Komplott innerhalb seiner Familie, das zu einigen
Mordfällen führt. Abgesehen davon, dass mit den Verletzungen, die
Jonathan davonträgt, und mit deren Folgen nicht immer sehr logisch umgegangen
wird, bleibt das Buch wieder ziemlich oberflächlich. Manchmal spannend,
ja, aber oft auch langatmig, und nicht selten oberflächlich - und
wie da von den Londoner Huren erzählt wird oder von dem überaus perfekten
Sklaven, der so nebenbei freigelassen wird: Ich vermisse Gefühl und psychologische
Entwicklungen.
Wieder ein netter historischer Roman ohne Tiefgang, unterhaltsam, aber mehr
nicht. Und dies gilt auch für den vierten Band, Der
tanzende Tod (2005): Barrett räumt mit den »Bösewichtern«
aus Band 3 auf, bringt alles organisatorisch in Ordnung, wird zum begeisterten
Vater und trifft obendrein Nora wieder, mit der er sein Liebesverhältnis
wieder aufnimmt. Und als am Schluss noch sein Vater ankommt, gilt wohl: Alles
wird gut!
Rund zweihundert Jahre später treffen wir Jonathan übrigens wieder im dritten Band der Reihe um den Vampirdetektiv Jack Fleming. Hier ist er eher unsympathisch geschildert, eben aus der Sicht von Fleming. Es geht im gut, er hat sich bestens in seinem Vampirleben eingerichtet und eine neue Gefährtin.
Ob das das »Happy End« ist? Bisher hat die Autorin keine weiteren Barrett-Bände geschrieben, wir wissen also nicht, wie es dazu kam und was in den dazwischen liegenden Jahren geschah ...
Es gab in den
letzten Jahren einige gute Anthologien mit Vampirgeschichten, eine der besten
war HR Giger’s Vampirric (2003) aus dem Festa-Verlag.
Mit dieser neuen Anthologie, für die der Verlagschef selbst verantwortlich
zeichnet, rundet der Verlag das Bild des Genres hervorragend ab. Waren in der
ersten Anthologie mit dem HORLA von Maupassant und SHAMBLEAU von C. L. Moore
schon Klassiker vertreten, an die sonst nur noch schwer zu kommen war, ist es
nun so mit DAS ADERLASSMÄNNCHEN von Karl Heinz Strobl (1909) und ILALOTHAS
TOD von Clark Ashton Smith (1937). Einige der anderen klassischen Geschichten
wie DRACULAS GAST von Bram Stoker (1914), LIGEIA von E. A. Poe (1838) und DAS
GEMIEDENE HAUS von H. P. Lovecraft (1928) finden sich auch in anderen Sammlungen,
aber es ist gut, sie und manch anderes Juwel der klassischen Vampirliteratur
in einem Band versammelt zu finden. Besonders gefällt mir, dass Festa in
den insgesamt 22 Geschichten, davon 8 moderne (auch wieder eine für Fans
des Vampirdetektivs Jack Fleming), das weite Spektrum
der Vampirliteratur zeigt; das reicht von der klassischen Vampirin Clarimonde
(DIE VERLIEBTE TOTE, Théophile Gautier 1836) bis zu den eher ungewöhnlichen
Wesen und Erscheinungen, wie Poe und Lovecraft sie beschreiben. Da auch Giger
dieses Prinzip beachtete (es gibt kaum einen moderneren Vampir als den HORLA
von 1887), hat man mit diesen beiden Bänden aus dem Festa-Verlag einen
tollen Überblick über das weite Spektrum der Vampire, soweit sie sich
in Geschichten finden. Zusammen mit dem Standardwerk von Sturm/Völker ergibt sich eine »3-Bücher-Bibliothek«, in der zumindest so
gut wie alle klassischen Meisterwerke der Vampirliteratur vertreten sind.
Meine dringende Empfehlung: Diese Anthologie von Frank Festa sollte in jeder
vampiresken Bibliothek stehen!
Es gibt und gab in den letzten Jahren wenig gute, neue Anthologien mit Vampirgeschichten. Hier ist eine! Sie ist hervorragend und sollte in keiner Bibliothek zum Thema fehlen. Der bekannte Künstler HR Giger (dem wir das Design von ALIEN verdanken) hat zwei Sorten von Geschichten ausgewählt. Da sind zum einen 12 klassische Geschichten aus dem frühen 20. und dem 19. Jahrhundert, an die man bisher im deutschen Sprachraum nur schwer rankam, da sie entweder noch gar nicht veröffentlicht waren oder in Bänden, die kaum mehr erhältlich sind. Zum Teil wurden sie neu (und gut) übersetzt. Besonders hervorheben möchte ich die Klassiker LE HORLA von Maupassant (1887) und SHAMBLEAU von Catherine Lucille Moore (1933). Außerdem finden sich in dem Buch 10 neuere Geschichten, erschienen seit den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts, drei davon sogar erst 2003. Auch einige aktuelle deutsche Autoren sind vertreten: Christian von Aster, Malte S. Sembten und Michael Siefener. Und für Fans des Vampirdetektivs Jack Fleming gibt es eine hübsche kleine Geschichte aus der Feder von P. N. Elrod aus dem Jahre 2003. Insgesamt ein Sammelband, den sich niemand entgehen lassen sollte und den man sich aufgrund der ansprechenden Ausstattung auch gerne in die Bibliothek stellt.
Der Festa-Verlag und LPL-records haben zuletzt gemeinsam 4 CDs herausgebracht mit klassischen Vampirgeschichten, ausgewählt von HR Giger (dem wir das Design von ALIEN verdanken). Diese vier CDs sind nun bei Bastei-Lübbe als günstige Box erschienen und absolut enpfehlenswert. Die Geschichten »Die verloren gegangene Kunst des Zwielichts« von Thomas Ligotti und »Das Federkissen« von Horacio Quiroga, beide gelesen von Lutz Riedel, »Der Vampyr« von Leonhard Stein und »Der Untote« von Amelia Reynolds Long sind eher unbekannt. Die beiden langen, jeweils eine CD einnehmenden Geschichten »Das Grabmal auf dem Père Lachaise« von Karl Hans Strobl (gelesen von David Nathan) und »Der Horla« von Guy de Maupassant (gelesen von Torsten Michaelis) hingegen gehören zu den berühmtesten Klassikern des Genres. Jede Geschichte wird mit einem kurzen Vorwort von H. R. Giger eingeleitet. Eine sehr empfehmenswerte Sammlung; wer sich nur für bestimmte Geschichten interessiert, bekommt die 4 CDs auch einzeln bei LPL-records.
Neben Dracula ist
Carmilla eine der Figuren, die das Genre am stärksten
geprägt haben, und wird bis heute in bestimmten Kreisen, besonders feministischen
und lesbischen, regelrecht verehrt (siehe Vampir-ABC:
Erotik). Die Geschichte um die lesbische Vampirin, die sich in das Haus eines
pensionierten Militärs einschleicht, um dessen Tochter als Gefährtin
zu gewinnen, gilt als der erste literarisch bedeutsame Vampirroman, geschrieben
vom irischen Romancier Joseph Sheridan Le
Fanu, erschienen 1872 als Teil der Geschichtensammlung »In a Glass Darkly«
(ausführliche Beschreibung und Inhalt).
1994 brachten wir mit dem Theaterstück CARMILLA eine Fassung auf die Bühne, die sehr gute Kritiken bekam und
besonders von der Erotik lebte, 2003 gab es eine leider nicht gelungene Hörspielfassung
bei »Hörspiele Welt«.
Titania-Medien aus Leverkusen beweist nun, dass es sehr viel besser geht. Miteigentümer Marc
Gruppe hat eine wirklich sehr gelungene Dramatisierung verfasst und inszeniert,
die sich extrem eng an die Geschichte hält, praktisch nichts auslässt
und so behutsam modernisiert ist, dass sie weder altmodisch noch betulich wirkt.
Die Musik von Manuel
Rösler trägt ebenso zur Spannung bei wie die hervorragenden SprecherInnen,
von denen die meisten als Synchronstimmen bekannter SchauspielerInnen vertraut
sind. General Spielsdorf (Christian Rode) etwa klingt wie Christopher Lee und
Carmilla (Daniela Hoffmann) wie Julia Roberts oder Ally McBeal.
Die junge Firma, ausgezeichnet mit dem Hörspiel-Award
2003 als »bestes Newcomer Label«, gelingt mit der ersten CD der
neuen Reihe »Grusel-Kabinett« ein toller Einstieg in dieses Genre
und eine Umsetzung dieser bedeutenden Vampir-Geschichte, die ihr wirklich gerecht
wird und fast das Lesen ersetzt.
Bram Stokers
Roman Dracula bestimmt heute wesentlich das Bild des Vampirs
– und man kennt ihn fast nur als Autor dieses Buches. Er hat aber noch 11 weitere
Romane veröffentlicht. Sein Mumienthriller »Die sieben Finger des
Todes« (The Jewel of Seven Stars, 1904, deutsch 1993 bei Bastei-Lübbe
in dem Sammelband »Im Schatten der Vampire«)
diente als Vorlage für zahlreiche Mumienfilme, darunter die direkte (ziemlich
miese) Verfilmung »Bram
Stoker’s Legend of the Mummy« (USA 1997).
Nun hat Marc
Gruppe als zweites Hörspiel der neuen Reihe »Grusel-Kabinett«
eine schlüssige, überzeugende und spannende Hörspiel-Dramatisierung
geschaffen. Der Beginn und das Ende des Hörspiels sind fast wörtlich
Stokers Roman entnommen; dazwischen schafft es Gruppe, die immerhin etwa
250 Seiten des Romans so zu kürzen und zusammenzufassen, dass alles drin
ist und zudem erheblich mehr Tempo und Spannung entsteht als in Stokers doch
eher betulichem Roman. Die verklemmte viktorianische Gefühlswelt des Jahres
1904 wird in der Liebesgeschichte zwischen dem Erzähler und der Tochter
des ägyptischen Archäologen, der versucht, eine Mumie zu erwecken,
deutlich, ohne übertrieben oder peinlich zu wirken. Die gelungene Musikuntermalung
von Manuel
Rösler unterstützt die Spannung. Auch hier, wie in dieser
Reihe üblich, sind nur hervorragende SprecherInnen zu hören, von denen
die meisten als Synchronstimmen bekannter SchauspielerInnen vertraut sind, so
der Archäologe Abel Trelawney (Christian Rode), der klingt wie Christopher
Lee.
Wer Mumiengeschichten mag oder Bram Stoker mal anders erleben möchte, sollte
sich dieses Hörspiel nicht entgehen lassen; es ist um einiges unterhaltsamer
als der Roman.
Der russische Schriftsteller Alexej Konstantinowitsch Graf
Tolstoi (1817-1875) ist erheblich weniger bekannt als sein berühmter Vetter
Lew N. Tolstoj. Er war ein Anhänger des l'art pour l'art und schrieb lyrische
Gedichte, Balladen, Satiren, Romane, Romanbiografien (u. a. über Peter
I. und Iwan den Schrecklichen), Dramen und Geschichten. Zumindest zwei Vampirgeschichten
von ihm liegen in deutscher Sprache vor: »Der
Vampir« und »Die Familie des
Vampirs«.
Dieses
Hörspiel, das dritte in der Reihe »Grusel-Kabinett«, wurde
wie die anderen dramatisiert und inszeniert von Marc
Gruppe, für die sehr passende Musik ist wieder Manuel
Rösler verantwortlich, der sowohl die Zeit des Wiener Kongresses von
1815 lebendig werden lässt (als die Geschichte erzählt wird) wie auch
spannend die eigentliche Geschichte untermalt, die sich 1788 in Kisolova, einem
Dorf in Serbien, abspielt. Hier erlebt der junge Marquis Serge d’Urfé
mit, wie eine ganze Familie, ja ein ganzes Dorf Opfer eines Wurdelak wird, der
serbischen Variante des Vampirs.
In einem Punkt unterscheidet sich das Hörspiel radikal von den beiden Vorgängern:
Während »Carmilla« und »Das
Amulett der Mumie« sich inhaltlich extrem stark an die Vorlage anlehnen,
wurde Tolstois Geschichte in wesentlichen Punkten verändert.
Bei Tolstoi ist der Marquis ein typischer Adliger seiner Zeit, stets galanten
Abenteuern zugetan; damit kokettiert der alte Mann auch während seiner
Erzählung (die Ereignisse liegen bei Tolstoi 20 Jahre länger zurück).
Im Hörspiel ist er viel romantischer. Er kehrt in das von Vampiren beherrschte
Dorf zurück, um die junge Zdenka wieder zu sehen; bei Tolstoi hat er sie
längst vergessen und zwischendurch ein Verhältnis gehabt. Das Entkommen
gestaltet sich bei Tolstoi sehr viel schwerer (und spannender), da werden dem
Marquis sogar Vampirkinder nachgeschleudert. Damit hat es sich aber auch; der
Erzähler blickt eher amüsiert auf diese osteuropäisfchen Verhältnisse
zurück. Im Hörspiel gibt es noch ein Nachspiel in der französischen
Revolution mit dem (angebrachten und sinnvollen) Vergleich zwischen Vampirismus
und den von Menschen verübten Gräueltaten. Vor allem aber taucht Zdenka
am Ende auf dem Wiener Kongress auf, und dieser überraschende und abrupte
Schluss ist mir dann doch zuviel der Effekthascherei. Diese Zdenka passt so
gar nicht in das Bild des Vampirismus, wie Tolstoi es gezeichnet hat, bei dem
ganze Familien und sogar Dorfbevölkerungen umkommen. Das finde ich ein
wenig schade; und ich hoffe, dass Titania-Medien sich bei kommenden Dramatisierungen
wieder enger an die Originale hält.
Dennoch ist dies ein spannendes und unterhaltsames Hörspiel, das ich empfehlen
kann.
Und wieder ein schönes Vampirhörspiel aus dem Hause Titania-Medien. Die wenig bekannte Geschichte »Lasst die Todten ruhen« hat als Hauptfigur eine gewisse Elisabeth Báthory, die mit der berühmten Blutgräfin allerdings nur den Namen gemein hat – und in gewisser Hinsicht das Ende. Eine wunderschöne Geschichte um Liebe und Tod, Zauber und Grausamkeit, ein spannendes und unterhaltsames Hörspiel.
Die Geschichte um die untote Kurtisane Clarimonde gehört zu den besten und bekanntesten Vampirgeschichten; durch sie ist der französische Schriftsteller und Kritiker Théophile Gautier (1811 bis 1872) noch heute berühmt, während seine damals wegweisenden Gedichte (»Albertus«, 1832, »Emaillen und Kameen«, 1852), die zum Vorbild der Parnassiens wurden, und sein Roman »Mademoiselle de Maupin« (1835), in dem er die Unabhängigkeit des Künstlers von Moral und Gesellschaft vertritt und dessen Vorwort als erste Programmschrift des L'art pour l'art gilt, heute nur noch wenigen bekannt sind. Als Vorbild und Interpret von Baudelaire wirkt Gautier aber bis heute nach.
In dieser Geschichte wird nicht nur die Stärke der erotischen Anziehung extrem deutlich: Clarimonde bezaubert einen jungen Priester derart, dass er praktisch sofort seinem Glauben und seinem Gott abschwören möchte und später über Monate ein anstrengendes Doppelleben mit ihr führt
– falls dies so ist. Er selbst ist sich unsicher: Ist er nun ein armer Dorfpfarrer, der des Nachts träumt, mit der berühmten Kurtisane ein ausschweifendes Leben in Venedig zu führen, oder ist er der Lebemann und Geliebte der Schönen, der des Nachts von Alpträumen geplagt wird, er sei ein armer Dorfpfarrer? Sein gnadenloser Vorgesetzter macht der Sache ein Ende, und viele dürften dabei Mitleid mit der Vampirin (und ihrem Geliebten) verspüren. Und so zeigt Gautier auch die moralische Problematik auf, wenn Glaubenssätze und gesellschaftliche Normen gegen Freiheit und Liebe stehen, eine immer wieder und stets aufs Neue aktuelle Problematik. Wie in Dracula nach Auffassung von Volker Sturm van Helsing das wahre Monster ist, so kann wer will hier in dem Abt die wahre, unbarmherzige Kreatur des Bösen sehen.
Die Geschichte
ist nachzulesen in der sehr empfehlenswerten Anthologie Denn das Blut ist das Leben und nun zu erleben in diesen sehr gelungenen Hörspiel. Titania-Medien und Marc Gruppe haben die Geschichte behutsam dem Medium angepasst, und alles Wichtige kommt hervorragend rüber, wie immer auch atmosphärisch und musikalisach gelungen umgesetzt. Eine wunderschöne Geschichte, spannend und unterhaltsam – ein Highlight dieser Reihe.
Einer der bekanntesten Vampire wurde an jenem berühmten
Sommerabend des Jahres 1816 geboren, an dem auch »Frankenstein«
seinen Ursprung hat. Percy Shelley, Lord Byron,
sein Leibarzt (und wahrscheinlich Liebhaber) John
William Polidori und Mary Goodwin, spätere Mary Shelley, hatten sich
am Genfer See in eine Atmosphäre des Unheimlichen versponnen – Mary Shelley
beschreibt dies eindrucksvoll in einem Vorwort zu einer späteren Ausgabe
ihres »Frankenstein«. Lord Byron schlug eines Abends vor, jeder
solle eine Gespenstergeschichte schreiben. Mary Goodwin schuf aufgrund dieser
Anregung ihren »Frankenstein«, den viele für den ersten Science-Fiction-Roman
halten, Byron den Plan für eine Novelle um einen Vampir. Der Erfolg des
Vampirs als literarische Gestalt ist dann der Erfolg eines geistigen Diebstahls:
Polidori, der mit seiner Story über eine Frau mit Totenschädel nicht
weiterkam, fertigte aus Byrons Konzept eine Geschichte, die ungeahnten Erfolg
hatte: »The Vampyre. A Tale« (»Der Vampyr«). Polidoris
Vampir, Lord Ruthven, wurde der »Dracula«
des 19. Jahrhunderts – und es ist schon eine reizvolle Ironie der Literaturgeschichte,
dass dieser so erfolgreiche Vampir die Frucht einer Art geistigen Vampirismus
war.
»Der Vampyr« aber nährte sich zugleich von seinem Schöpfer
und trieb ihn schließlich in den Selbstmord. Dies zumindest ist die Interpretation
von Frank Gustavus, der in einem ungemein spannenden und atmosphärisch
dichten Hörspiel die berühmten Szenen am Genfer See zum Leben erweckt
und drum herum John William Polidori sein Leben bis zu seinem Selbstmord
erzählen lässt. Auszüge aus Byrons und Polidoris Erzählungen
runden diese gelungene Produktion ab.
Die dem Hörspiel zugrunde liegenden Begebenheiten sind belegt und waren
auch Grundlage für den exzessiv-schrillen Film GOTHIC von Ken Russell (1986). Das dieser den sexuellen Eskapaden so viel mehr Spielraum
gibt als das doch in dieser Hinsicht sehr brave Hörspiel, zeigt, wie viel
Interpretationspielraum vorhanden ist. Seine Zurückhaltung tut dem Hörspiel
jedoch keinen Abbruch, im Gegenteil.
Meine Empfehlung: Dieses Hörspiel anhören, dann
den Film GOTHIC anschauen, und dann das beste und wichtigste Ergebnis dieses
Genfer Abends in Ruhe lesen: FRANKENSTEIN – denn dieses Buch schlägt LORD
RUTHVEN und DRACULA doch um Längen. Und alleine deswegen und wegen der
phantastischen Einführung in ihren Roman durch Mary Shelley ist das Hörspiel
schon hörenswert!
Die beiden Geschichten von Lord Byron und Polidori gibt es
übrigens auch als inszenierte Lesung,
und man kann sich mit ihrer Hilfe eine Art »vollständige Fassung«
zusammenstellen.
Barbara
Hambly hat mit ihrem Buch »Der schwarze Drache« eines der schönsten
Bücher über Drachen und Magie überhaupt vorgelegt, und mit dem
Zyklus um den Söldner Sonnenwolf, der vom barbarischen Kriegerführer
zum empfindsamen Zauberer wird, und seine Gefährtin Sternenfalke hat sie
ein Meisterwerk vorgelegt im Bereich sword and sorcery der besten Art.
Mit ihren Vampir-Büchern steht sie auf gleich hohem Niveau. In dem 1992 bei
Bastei-Lübbe erschienenen JAGD DER VAMPIRE, das 1907 in England und Paris spielt, schuf sie ihre eigene Theorie
von der Verwandlung als Umstruktuierung der Substanz, verursacht durch einen Virus
oder ähnliches. Um reizvolle Figuren – den empfindsam-stoischen Vampir Ysidro,
den Ex-Spion und Linguistikprofessor Asher und dessen junge Frau Lydia, die als
Pathologin an das Problem rangeht, einem uralten Vampir, der sterben möchte,
wie einen neugeschaffenen künstlichen Vampir, der seinesgleichen jagt, u.v.a.
– wob sie ein Netz aus düsterer Atmosphäre und faszinierte jeden, dem
die Zeit von Sherlock Holmes liegt. Ein Meisterwerk, das ich auch heute noch absolut
empfehle, einer der besten Vampir-Romane aller Zeiten.
Nun liegt dieses Meisterwerk als Hörspiel vor, in der Reihe »Gruselkabinett« als Folge 32. Die Zusammenarbeit zwischen Titania-Medien und Lübbe Audio erweist sich auch hier wieder als überaus fruchtbar. Mit einer hervorragenden Umsetzung ins Hörspiel und bekannten Stimmen wie etwa Wolfgang Pampel, Synchronsprecher von Harryson Ford, als Asher ist dieses zweistündige Werk absolut höhenswert und zu empfehlen. Dass ich ihm nur vier Blutstropfen verleihe, ist dem Vergleich mit dem Buch geschuldet. Gäbe es dieses nicht, wäre es wohl ein Blutstropfen mehr geworden. Doch trotz der Länge von zwei Stunden gehen bei der Umsetzung ins Hörspiel viele der Feinheiten des Buches zwangsläufig verloren, medizinische und philosophische Aspekte, Diskussionen, ethische Betrachtungen, die das Buch gerade so besonders machen. Und auch ein wenig an Spannung fehlt; der Endkampf etwa, der im Roman ausführlich dargestellt ist, kommt hier ein wenig kurz. Es lässt sich wohl nicht anders machen, ist aber bedauernswert.
Dennoch ein sehr schönes Hörspiel, das ich rundum empfehlen kann, sowohl denen, die das Buch nicht kennen (und ist danach hoffentlich lesen wollen) wie auch denen, die es kennen und hier eine sehr schöne Umsetzung vorfinden. Mein Tipp für dieses Frühjahr: die Jagd der Vampire!
Barbara
Hambly hat mit ihrem Buch »Der schwarze Drache« eines der schönsten
Bücher über Drachen und Magie überhaupt vorgelegt, und mit dem
Zyklus um den Söldner Sonnenwolf, der vom barbarischen Kriegerführer
zum empfindsamen Zauberer wird, und seine Gefährtin Sternenfalke hat sie
ein Meisterwerk vorgelegt im Bereich sword and sorcery der besten Art.
Mit ihren Vampir-Büchern steht sie auf gleich hohem Niveau.
Mit dem Folgeband zu JAGD DER VAMPIRE, GEFÄHRTEN DES TODES, gelingt Hambly zwar nicht die
gleiche düstere Atmosphäre, in mancher Hinsicht ist das Buch jedoch
noch komplexer und bedrohlicher, kämpfen doch hier im Paris, Wien und Konstantinopel
des Jahres 1908 echte Vampire gegeneinander, teilweise im Dienst der Geheimdienste,
teilweise diese ausnutzend. Die ethischen Implikationen des Vampirdaseins werden
ebenso deutlich wie die Problematik des sich Emotional-Bindens. Ein Juwel im Bereich
der Vampirliteratur, das man gelesen haben sollte – allerdings erheblich besser
verstehen und genießen kann, wenn man den ersten (noch lieferbaren) Band
kennt.
Dies sind die
ersten acht Romane der Reihe um die Vampirjägerin Anita Blake, eine Serie
in dem Sinn, dass es zunehmend schwerer wird, alles zu verstehen oder zumindest
zu genießen, wenn man die vorhergehenden Bände nicht kennt. Blake
lebt in unserer Zeit, aber in einer Alternativwelt, die sich von unserer in
einem wesentlichen Punkt unterscheidet: Es gibt vieles von dem, was bei uns
nur in der Fantasie oder in Gruselgeschichten existiert: Zombies, Vampire, in
den späteren Bänden auch Werwesen, Hexen, Nagas, Lamias, Elfen ...
Dies führt
zu sozialen Konflikten und Verwerfungen. Vampire etwa sind anerkannte Mitglieder
der Gesellschaft und genießen die gleichen »Menschenrechte«,
es gibt sogar eine Kirche des ewigen Lebens, der man beitreten und damit Vampir
werden kann. Die »Heldin« Anita Blake ist Animatorin (und, wie sich
später herausstellt, mächtige Nekromantin und Totenbeschwörerin),
das heißt, sie erweckt Menschen zu Zombies bzw. bettet letztere wieder
zur Ruhe, beides ebenfalls legal. »Nebenberuflich« ist sie Detektivin, Vampirjägerin
und anerkannte Vampirhenkerin und tötet Vampire, die vom Gesetz dazu freigegeben
werden (Spitzname »Scharfrichter«). Im ersten Buch gerät sie
in große Gefahr, als sie von der Meistervampirin der Stadt gezwungen wird,
Jagd auf jemanden zu machen, der Vampire tötet; es gibt ein Riesen-Blutbad
und jede Menge spannender Action. Im zweiten Band muss sie sich mit einem Killerzombie,
einer Voodoo-Priesterin und dem neuen Meistervampir der Stadt auseinandersetzen,
der sie zur Dienerin machen will. Im dritten Band gibt es einen regelrechten
Vampirkrieg zwischen dem ältesten Meistervampir überhaupt (einem homo
erectus!) und ihrem Feind/Freund Claude, dem Meistervampir der Stadt, außerdem
verliebt Anita sich in einen Werwolf. Werwesen (Lykanthropen) sind dann auch
das Hauptthema des vierten Bandes, denn jemand macht Jagd auf sie, und Anita
soll diese(n) Mörder fassen. Im fünften Band steht sie nicht nur zwischen
»ihren« zwei Männern, sondern muss sich wieder mal gegen mehrere
mächtige und mörderische Meistervampire, aber auch einen Dunkelelfen
durchsetzen. Herrliches Beiwerk zu der üblichen Action und Spannung ist
die Eifersucht zwischen Anitas nicht (ganz) menschlichen Verehrern, dem Meistervampir
der Stadt und einem Rudelführer der Werwölfe. Im sechsten Band wird
Anita von einem Auftragskiller gejagt, und während ihre Freunde, der Killer
Edward, der Vampir Jean-Claude und der Werwolf Richard, sie zu schützen
versuchen, fällt sie eine Entscheidung zwischen dem Meistervampir und dem
Rudelführer, zu dem Richard geworden ist. Im nächsten Band muss sie
dann das entstandene Triumvirat aus Werwolf, Vampir und (mehr oder weniger
noch) Menschin zum Funktionieren bringen, während zwei extrem mächtige
Vampire vom Rat der Vampire Jean-Claude vernichten wollen ...
Wenn man einen
harten, lakonischen, manchmal auch burschikosen Stil mag und sich nicht daran
stört, dass Hamilton viele Ideen und Topoi anderer AutorInnen aufgreift
(etwa aus der Blutserie von Tanya Huff), sind diese ersten Bände der Reihe interessante
und gute Bücher. Romantik und Melancholie sucht man bis zum dritten Band
vergebens, es ist eher wie bei Raymond Chandler oder Dashiell Hammett –
und wie bei diesen gibt es immer wieder moralische Probleme, denen sich die
Heldin stellen muss. Diese werden aber zunehmend, vor allem ab Band 5, pragmatisch
gelöst; eines der Mankos der Bände. Ab Band 3 wird die emotional-psychologische
Verfassung von Anita immer mehr zum Thema (die als sehr hart, erfahren und desillusioniert
geschildert wird, trotz ihrer erst 24 Jahre: leider gehört die Zeitrechnung
nicht zu den Stärken der Reihe). Interessant finde ich, wie sehr sie sich
mit Bindungsängsten herumplagt und der Frage nach ihrer Weiblichkeit, Kindern
usw., während das Nachwort des vierten Bandes zeigt, dass die seit Jahren
glücklich verheiratete Autorin in dem Jahr, in dem sie dieses Buch schrieb,
ihre Tochter zur Welt brachte.
Leider beginnt Hamilton mit dem vierten Band, wichtige Fragen offen zu lassen,
etwa was sich bei der Heldin verändert hat; diese wird immer unempfindlicher
gegenüber Magie und Monsterfähigkeiten, aber auch selbst immer stärker
(und skrupelloser). Ein bisschen hat das Superheldinnen-Charakter; sie ist inzwischen
freie menschliche Dienerin eines Meistervampirs, Mitglied eines Triumvirats,
Lupa (»Chefin«) eines Werwolfrudels und in nahezu gleicher Stellung
bei den örtlichen Werleoparden, kann heilen und per Magie sogar töten
...
Trotz einiger Schwächen im Stil und der Logik und für meinen Geschmack
manchmal zu langatmiger, ausufernder Actionsequenzen sind dies bis Band 7 Bücher,
die Freude beim Lesen und Lust zum Weiterlesen machen. Ab den späteren Bänden, so etwa ab Band 8 bis 9, wird die Handlung aber immer unloghischer und entwickelt sich stetig Richtung Soft- bis manchmal nahezu Hardporno (manche nennen das romantische Fantasy, ich nicht), besonders ab dem Zeitpunkt, wenn Anita mit der »Ardeur«, einem unstillbaren Verlangen, infiziert wurde (man könnte es auch Sexsucht nennen). Auf eine Einzel-Besprechung der späteren Bände habe ich hier deshalb verzichtet.
Für Fans von Sookie Stackhouse, gedankenlesende Kellnerin aus der Vampirreihe der Herausgeberin Charlaine Harris und wohl vielen bekannt aus der tollen Fernsehserie TRUE BLOOD, sind das interessante 5 Geschichten, von denen allerdings zwei schon in Deutschland erschienen sind: »Draculas Geburtstag«, in dem Sookie auf einer Vampir-Party einem Pseudo– Dracula (angeblich alias Vlad Țepeș!) begegnet, ist in »Happy Bissday« (2008) zu finden, die Geschichte »Ein unvergessliches Weihnachtsfest« in »Werwölfe zu Weihnachten« (2009). In der Erzählung »Elfenstaub« wird erzählt, wie Sookie den Elfen Claude kennen lernt und wie dieser an sein Etablissement kommt,»Glückspilze« ist eine eher schwache Story um Hexerei. Sehr interessant für Fans der Serie ist »Kurze Antworten schaden nie«: Die Geschichte schließt die Lücke zwischen »Vampire bevorzugt« und »Ball der Vampire«; hier erfahren wir, wie Sookies Cousine starb und lernen einige der handelnden Wesen aus dem späteren Roman kennen. Alleine diese Geschichte lohnt für Fans die Anschaffung des Büchleins; für andere ist die Sammlung eine nette Unterhaltung für ein paar unterhaltsame Stunden für gerade mal 7,95 Euro.
13 Autorinnen und Autoren schreiben über Geburtstage im Zusammenhang mit VampirInnen, und dabei kommen teilweise wirklich hübsche, manchmal sogar richtig gute Geschichten heraus. Für einige der Schreibenden ist es ihre erste Vampirstory, aber sie alle sind renommiert und erfahren, und das merkt man. Einige der Charaktere sind bekannt aus Serien oder Reihen, so Sookie Stackhouse, die gedankenlesende Kellnerin aus der Vampirreihe der Herausgeberin Charlaine Harris; sie begegnet auf einer Vampir-Party einem nachgemachten Dracula. Besonders gut gefallen mir die Geschichten von Jim Butcher (sein Magier Harry Dresden und dessen Zauberlehrling Molly kämpfen gegen eine bösartige mächtige Vampirin), von P. N. Elrod (Vampirdetektiv Jack Fleming entlarvt einen Betrüger und Grabräuber), Tanja Huff (mit Henry Fitzroy und dem Zauberer Tony Foster), von Mitherausgeberin Kelner (ungewöhnliche Vampiridee und spannende Story) und von Elaine Viets (gesellschaftskritisch, böse, sarkastisch und doch tröstlich). Gäbe es nicht die eine oder andere etwas schwächere Geschichte, bekäme diese Anthologie von mir 5 Blutstropfen und die Ernennung zum Buchtipp, so schrammt sie knapp daran vorbei. Dennoch ist sie sehr empfehlenswert und für 9,95 Euro eine lohnende Anschaffung für ein paar unterhaltsame und spannende Stunden.
Auch diesmal haben die Herausgeberinnen 13 Autorinnen und Autoren versammelt, die als Motto in dieser Anthologie URLAUB vorgegeben bekamen. Dadurch ist das Spektrum erheblich weiter als bei den vorherigen Anthologien, die sich um Vampire bzw. Werwölfe drehten. Es reicht von den Problemen der Unsterblichkeit (in einer sehr melancholischen Geschichte von Sarah Smith) über Zeitreise, Hellseherei, Zauberei, Gargoyles und Probleme mit der Presse bis hin zu einer hervorragenden Parodie von A. Lee Martinez über eine berühmte Geschichte von Lovecraft. Mitherausgeberin Kelner bringt auf amüsante und zugleich spannende Weise einen Vampir, eine Werwölfin und einen Piraten in einer Geschichte unter. Die Dämonen-/Zeitreisegeschichte von Chris Grabenstein, eine bemühte und offensichtliche, billige Polemik gegen das Rauchen, war die einzige Geschichte in dem Band, die mir nicht gefiel. Natürlich fehlen nicht die Vampire und Werwölfe, und einige der Charaktere sind bekannt aus Serien oder Reihen, so Sookie Stackhouse, die gedankenlesende Kellnerin aus der Vampirreihe der Herausgeberin Charlaine Harris, die diesmal zusammen mit Pam ein »Blondinen-Abenteuer« erlebt, und Cat und Bones aus der »Night Huntress«-Reihe von Jeaniene Frost. Gäbe es nicht die eine oder andere etwas schwächere Geschichte, bekäme diese Anthologie von mir 5 Blutstropfen und die Ernennung zum Buchtipp, so schrammt sie knapp daran vorbei. Dennoch ist sie sehr empfehlenswert und für 10,30 Euro eine lohnende Anschaffung für ein paar unterhaltsame und spannende Stunden – vielleicht im Urlaub!
Markus
Heitz gilt nach seinem Epen über Ulldart und vor allem »Die Zwerge«
als einer der erfolgreichsten deutschen Fantasy-Autoren. Leider entwickelt sich
der 1971 geborene Saarländer inzwischen ein bisschen zum Vielschreiber,
der nun alle möglichen Themen anreißt und abgrast, ohne dabei immer
die Qualität zu halten, die etwa »Die Zwerge« auszeichnet.
Sein Drachenroman »Die Mächte des Feuers« (2006) kann zwar
mit vielen neuen und netten Ideen aufwarten, ist aber fast so unausgegoren wie
seine beiden pseudohistorischen Werwolfromane »Ritus« und »Sanctum«
(2006). Lässt Heitz sich manchmal zu wenig Zeit zur Recherche und vor allem
zum Ausarbeiten?
Für seinen Vampirroman kann er zumindest im ersten Punkt auf gute Kenntnisse
zurückgreifen, wie er selbst in
einem Interview in der Zeitschrift NAUTILUS (Nr. 32, 11/2006) erklärte:
Vampire seien schon immer sein »Spezialgebiet« gewesen – und
das kann er auch belegen, er hat schließlich seine Magisterarbeit zum
Thema «Historischer Vampirismus« geschrieben.
Man merkt dem Buch an, dass Heitz sich mit Vampirismus auskennt und Vampire
mag. Umso erstaunlicher, dass er im Nachwort behauptet, es sei ab 1770 um die
Vampire sehr ruhig geworden, bis Stoker
seinen Roman Dracula geschrieben habe. Literarisch
war das 19. Jahrhundert eine Hochzeit der Vampirliteratur. Heitz selbst erwähnt
in einem Interview Coleridge (Christabel, 1800), Kleist (Penthesilea,
1808) sowie Polidori (Lord
Ruthven, »Der Vampyr«, 1819). Erst 1872 mit »Carmilla«
von Sheridan Le Fanu, die schon damals als ein Höhepunkt
der Vampirliteratur aufgefasst wurde, setzte tatsächlich eine Pause von
ca. fünf Jahrzehnten ein, in der es wenig Vampirliteratur gab und die mit dem Erfolg
von Stokers Roman als Theaterstück (ab 1925 in London) und Film (1922 »Nosferatu
– Eine Symphonie des Grauens«) endete. Eine
solche Schludrigkeit ist leider manchmal typisch für Heitz’ Romane.
Insgesamt ist die »Kinder des Judas« aber gelungen. Heitz springt
immer wieder zwischen den Zeiten. Beginnend in Leipzig im November 2007 –
die Stadt kennt Heitz u. a. durch Buchmesse und Wave-Gotik-Treffen –
erleben wir die Geschichte der Heldin ab 1670 in zahlreichen Rückblenden,
meist in Serbien, bis zum abschließenden Kampf an Silvester 2007. Die
Vampirin, die sich heute als Nachtschwester und Showkämpferin durchschlägt,
wurde schon als Kind von ihrem Vater in Geheimnisse der Wissenschaft
eingeführt, mit der die Gruppe, der er angehört und die sich »Kinder
des Judas« nennt, angeblich die Welt verbessern will. Schmerzhaft muss
sie lernen, dass dieses hehre Ziel keineswegs von allen geteilt wird; um des
Machterhaltes willen und um Unsterblichkeit zu erlangen, sind einige dieser
»Edelvampire« zu nahezu allem bereit, auch ihr Geliebter muss deshalb
sterben. Der Kampf endet erst in unserer Zeit ...
Weder die wissenschaftlich begründbare Herkunft der Vampire noch ihre Einteilung
in verschiedene Arten ist neu, aber Heitz setzt daraus ein reizvolles Szenario
zusammen. Die sich auftuenden moralisch-ethischen Konflikte werden manchmal
zu salopp »erledigt«, und der Endkampf ist ein wenig zu schnell
erzählt und zu wenig ausgeführt. Doch wer eine nicht allzu anspruchsvolle,
aber umfang- und actionreiche und meist recht spannende Vampirgeschichte lesen
möchte, ist mit Heitz’ Werk gut bedient.
Nachtrag: Mit »Judassohn« und »Judastöchter« (beide 2010) hat Heitz zwei ziemlich gelungene Fotrtsetzungen geschrieben, bei denen mich allerdings manchmal stört (was andere toll finden), dass es so viele Querverbindungen zu und Figuren aus den Werwolf- und Dämonen-Romanen »Ritus«, »Sanctum« und »Blutportale« gibt, die es jemandem, der diese nicht kennt, nicht leicht machen, manche Figuren einzuordnen oder zu verstehen. Es heißt zwar, man könne die Vampir-Trilogie ohne Weiteres isoliert lesen, aber es fehlt dann doch einiges an sinnvollen Kenntnissen (sinnvolle Lese-Reihenfolge s. u.).
Ein Folgeroman zu Kinder des Judas? In mancher Hinsicht schon. zunächst haben die Bücher scheinbar nichts miteinander zu tun, und es scheint sich auch nicht um einen Vampirroman zu handeln. Will kümmert sich um die Villa eines verreisten reichen Herrn und darf dafür dort wohnen. Als er (verbotenerweise) eine Party veranstaltet, wird durch ein Artefakt ein Tore ins Reich der Dämonen geöffnet und das Fest endet in einem Massaker. Die »Superfechterin« Saskia und Will, unterstützt von einer Werwölfin, müssen den Weltuntergang aufhalten ... So schrill, wie das klingt, ist auch der Roman. Die Helden haben tolle Fähigkeiten, Saskia ist das Mitglied einer supergeheimen Fecht-Gruppierung, immer wieder tauchen Wesen aus früheren Büchern auf, Vampire, die Werwölfin ... Zeitreisen kommen vor, nahezu unsterbliche Außerirdische (oder doch Dämonen?), die die Menschen seit Jahrhunderten manipulieren ... Viel Action, viel Blut, machmal fast schon Splatter und eine meist rasante Handlung machen den Roman zwar zu einem unterhaltsamen Pageturner, und wer die anderen Horror-Romane von Heitz kennt, kann sich auf ein Wiedersehen mit manchen Charakteren freuen. Die nicht immer schlüssige Logik bis hin zur Unglaubwürdigkeit und manche Längen hinterlassen aber einen faden Nachgeschmack.
TIPP: Wer alles aus dieser Romanreihe lesen möchte, sollte folgende Lese-Reihenfolge einhalten:
Ritus (Werwesen I)
Sanctum (Werwesen II)
Blutportale (Dämonen, Werwesen u. a.)
Kinder des Judas (Vampire I)
Judassohn (Vampire II, Werwesen)
Judastöchter (Vampire III, Werwesen, Dämonen u. a.)
Wolfgang Hohlbein ist wahrscheinlich der erfolgreichste deutschsprachige phantastische Autor – und mit Sicherheit einer der produktivsten. Seit MÄRCHENMOND, seinem ersten (gemeinsam mit seiner Frau Heike verfassten) Jugendroman, hat er über 100 Bücher veröffentlicht, darunter viele Heftchenromane und so manchen Serienband. Bei einer derartigen Massenproduktion kommt natürlich nicht nur Hochklassiges heraus, zumal Hohlbeins Themenbereich sehr weit gespannt ist. Das reicht von Science Fiction bis zu Sword-and-Sorcery-Fantasy, von Abenteuer- zu Endzeit-Romanen, von (meist sehr fragwürdigen) Ausflügen in die Esoterik bis zu Lovecraft-Verschnitten oder Nacherzählungen von Rollenspiel-Abenteuern. Hohlbein hat einige der besten deutschen Fantasy-Stories geschrieben (obwohl die kurze Form eigentlich nicht sein Metier ist), und sein 10bändiges Epos um Skar und dessen Abenteuer auf der Welt Enwor ist für mich einer der absoluten Höhepunkte der deutschen Fantasy – spannend, hintergründig, schlüssig in den großen Linien wie im Detail. Hohlbein hat seinen guten Ruf wegen dieser und einiger anderer Werke zu Recht verdient. Leider erreicht er dieses hohe Niveau bei weitem nicht in allen Büchern – und schon gar nicht in DUNKEL, seinem neuesten Ausflug in das Vampirgenre (nicht sein erster). Natürlich ist der Roman routiniert und einigermaßen spannend geschrieben, doch wimmelt er von Widersprüchen, ist oft langatmig und unentschieden. Weder die Charaktere noch die Handlung können fesseln, die meisten Personen sind schablonenhaft bis chauvinistisch gezeichnet. Auch wechseln zu oft unmotiviert Perspektive und Handlungsebene. Vor allem aber: Der Luftballon an Spannung, der da aufgeblasen wird, zerplatzt nicht mit einem großen Knall, sondern entlässt die Luft mit einem Wimmern. Kaum eine der aufgeworfenen Fragen wird beantwortet, die Darstellung der Vampire, ihrer Geschichte und Fähigkeiten ist weder in sich schlüssig noch auch nur einigermaßen durchdacht (etwa in der Überlegung, warum Vampire im Spiegel oder auf Kameras zu sehen sind, nicht aber beim direkten Ansehen). Und dass in unserer Zeit und Republik (DUNKEL ist Hohlbeins erster Roman, der in seiner Heimatstadt Neuss spielt) als der große, wahnsinnig gewordene und von seiner Geliebten mißbrauchte Gegner der historische Vlad Țepeș herhalten muss, zeigt nur, dass Hohlbein hier auf einen Modezug aufgesprungen ist. Und was er über den Pfähler erzählt, ist zum Teil auch noch falsch – Baron Țepeș, was soll das? Leider ist DUNKEL eine große Enttäuschung!
Die Blutreihe
von Tanya Huff gehört zu den interessantesten Vampir-Büchern, die ich
in den letzten Jahren gelesen habe (schade, dass es insgesamt nur 5 Bände
gibt [Ergänzung 2009: plus einen Geschichtenband, s. u.]). Der kleine Verlag Feder & Schwert ist zu loben, dass er diese Werke
nach Deutschland gebracht hat. Es geht um die Geschichte der Ex-Polizistin Vicki
Nelson, die den Dienst quittieren musste wegen einer Augenerkrankung: Sie wird
zunehmend nachtblind, und ihr Gesichtsfeld schrumpft. Als Privatdetektivin wird
sie im ersten Band mit einer Mordserie konfrontiert, die, von einem jungen Mann
initiiert, mit Hilfe von Dämonen inszeniert wird. Bei ihren Recherchen lernt
Vicki Henry Fitzroy kennen, unehelicher Sohn von Heinrich VIII. und 450 Jahre
alter Vampir. Es entwickelt sich eine Liebesbeziehung, die dadurch kompliziert
wird, dass Vicki eine Beziehung hat zu ihrem Ex-Kollegen Mike Celluci. Diese Dreieckbeziehung
wird die Bücher stark prägen, und es muss klargestellt werden: Die Starke
dabei ist Vicki; sie hat die Hosen an und bestimmt, was mit wem passiert. (Die
Eifersuchtsszenen zwischen den beiden Männern sind hervorragend geschildert
und durchaus amüsant.) Fast klassisch endet der erste Band damit, dass die
Welt gerettet werden muss, und nur durch Teamarbeit gelingt das den Dreien.
Im zweiten Band wird Vicki von Werwölfen um Hilfe gebeten, die von einem
Unbekannten gejagt werden. Am Ende ahnt Celluci zumindest, was Henry ist. Für
mich ist dies der schönste Band, sehr poetisch und in der Beschreibung der
Werwölfe ungemein fesselnd. Im dritten Band muss wieder die Welt gerettet
werden (klingt klassisch, ist aber toll beschrieben), diesmal vor einer uralten,
wiedererweckten Mumie und ihrem Gott. Diese schafft es, sogar die Innenbehörde
unter ihre Kontrolle und Vicki in den Knast zu bringen. Die drei Protagonisten
werden an ihre Grenzen gebracht, und der Endkampf ist ungemein spannend. Im vierten
Band kommt es zu dem, worauf ich schon die ganze Zeit wartete: Vicki wird zur
Vampirin – aus Not, da sie sonst sterben würde. In diesem großartigen
Buch muss sie sich vorher intensiv mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen,
da ihre verstorbene Mutter von einer verrückten Wissenschaftlerin zu einem
modernen Zombie gemacht wurde. Am Ende glaubt Celluci, Vicki endgültig verloren
zu haben, doch der wahre Verlierer ist Henry: Vampire bleiben nicht zusammen.
Die letzten 50 Seiten dieses Buches gehören bis zur letzten Zeile mit zu
dem Spannendsten, was an Vampirliteratur in den letzten Jahren erschien.
NACHTRAG 2004: Der letzte und fünfte Band, erschienen im Herbst 2004, fällt
ein klein wenig gegenüber den anderen ab. Henry wird von Geistern geplagt,
denen er jeweils nur eine Frage stellen darf, wenn sie diese mit »nein«
beantworten, stirbt jemand. Dieser Plot ist eigentlich ziemlich schwach; interessant
wird das Buch dadurch, dass Henry Vicky um Hilfe bittet und so die drei Hauptfiguren
wieder zusammen kommen. Nach aller Tradition führt dies bei VampirInnen zu
tödlichen Revierkämpfen, aber Vicky bricht wie üblich alle Traditionen.
Das Buch ist sehr spannend, erreicht allerdings nie ganz das Niveau vor allem
des zweiten Bandes. Dennoch haben wir hier ein schönes und versöhnliches
Ende, und wohl auch deshalb wurde der Roman mit dem NYCTALUS
2005 ausgezeichnet als bester internationaler Roman, der in deutscher Sprache
erschienen ist.
Noch ein NACHTRAG (2008): Henry spielt auch eine Rolle in der Trilogie um seinen Ex-Liebhaber, den Zauberer Tony Foster, der wie er nach Vancouver umgezogen ist (»Rauch und ...«); eine nette Kurzgeschichte mit beiden findet sich in »Happy Bissday!«.
ERGÄNZUNG 2009: Ein Sammelband mit Geschichten um unsere drei Hauptfiguren erschien 2008: BLUTBANK. So unterschiedlich wie die Themen sind die acht Geschichten, auch in ihrer Qualität. Stets agieren entweder Henry oder Vicky und Mike, niemals alle drei gemeinsam. In einer im 19. Jahrhundert spielenden Geschichte muss sich Henry mit Aubrey, Ruthven und Carmilla auseinandersetzen (keine/r von beiden ist ein/e Vampir/in!), in einer Rückblende erfahren wir von seiner großen Liebe und einer furchtbaren Rache, und in unserer Zeit hat er es mit einer Succubus und einem Verfluchten zu tun (und den Tücken von Kontaktanzeigen). Vicky bricht mehrfach wieder Traditionen, etwa wenn sie eine alte mächtige Vampirin und blutsaugende Rieseninsekten mit Hilfe moderner Technik besiegt. Die beiden Geschichten, in denen sie sich mit einem Seegeist und einem Wesen aus dem Computer auseinandersetzen muss, sind mir persönlich zu unlogisch, und ihre Probleme mit weihnachtlichen Familienfeiern finde ich auch nicht sehr spannend, aber das ist Geschmackssache. Das Spektrum ist weit, und nicht alle Geschichten haben das gleiche hohe Niveau. Insgesamt aber ist dies ein schöner Band und für Fans der Reihe absolut empfehlenswert.
Die Blutreihe von Tanya Huff gehörte zu den interessantesten
Vampir-Büchern; ihre Reihe um die Hüter kann da nicht ganz mithalten.
Mal davon abgesehen, dass Vampire nur ab und zu uns am Rande vorkommen, die
Reihe also für Vampirinteressierte nicht deshalb zum Repertoire gehören
muss: In diesen 5 Jahre nach Abschluss der Blutreihe entstandenen Bänden
schreibt sie in einem ganz anderen Stil. Hier steht der Humor im Vordergrund,
bei aller Spannung und manchmal tragisch angehauchten Elementen ist es vor allem
im zweiten Band mehr Slapstick und Comedy als ernste Fantasy, und manchmal könnte
man den Eindruck gewinnen, es gehe ihr vor allem um eine Hommage an ihren Kater
Austin. Gefallen dürfte diese Reihe allen, die amüsant geschriebene
Fantasy mögen, die manchmal fast parodistische und satirische Züge
annimmt.
Hintergrund ist der Kampf zwischen Böse und Gut, der hier auf der Erde
ausgefochten wird. Zum Erhalt des Gleichgewichts gibt es die Hüter, die
Risse zwischen Himmel bzw. Hölle und Erde zu schließen haben.
Im ersten Band tut sich in einem Hotel ein Riss zur Hölle auf, und die
Hauptprotagonistin Claire hat alle Hände voll zu tun damit, ihn wieder
zu schließen. Abgesehen von eingestreuten bemüht komischen Bemerkungen
(wie dass einer der ernstesten Zwischenfälle die Discowelle ausgelöst
habe; Huff lässt ziemlich oft ihren Geschmack erkennen), ist dieser Band
noch durchaus ernst und erzählt auch eine schlüssige Geschichte. Es
gibt gelungene Überraschungen, und Huff spielt mit dem Genre manchmal auf
hohem Niveau. Wenn sich Claires Mutter mit dem menschlichen Freund ihrer Tochter
unterhält, werden direkt nacheinander Spiderman (dass mt großer Macht
große Verantwortung verbunden sei) und Tolkien zitiert (dass absolute
Macht absolut korrumpieren könne). Es gibt auch durchaus ernste Dikussionen
über Ethik; insgesamt ist dies ein unterhaltsames und gutes Buch.
Im zweiten Band verlässt Huff die ernste Ebene; die Haupthandlung schwenkt
über zu Claires jüngerer Schwester, die sich mit einem männlichen
Engel und einem weiblichen Dämon herumschlagen muss. Hier geht es mehr
um die Tücken der Sexualität und Probleme im geschwisterlichen bzw.
familiären Bereich, und die Story kommt nie so richtig auf Touren. Viele
der Späße sind auch ziemlich platt. Leider wird das im dritten Buch, das noch actionreicher ist, auch nicht besser.
In den letzten Jahren gab es einige gelungene Anthologien mit Vampirgeschichten, wie etwa »Draculas Rückkehr«, »Blaß sei mein Gesicht« oder »Das Beste von Dracula«. Diese neue Anthologie (USA 1994) handelt wie »Blaß sei mein Gesicht« nur von Frauen – aber von lesbischen. 8 wunderschöne Geschichten hervorragender Autorinnen aus den letzten Jahren sind hier versammelt, von denen jede einzelne es wert wäre, die 16,90 DM auszugeben, von Zanas witziger feministischer Parodie »Miss Dracula« über die »bösen« Vampirinnen bei Robbi Sommers und Karen Marie Christa Minns bis zu der erotischen Science-Fiction-Geschichte »O Captain, mein Captain« von Katherine V. Forrest. Hinzu kommen ein ausführliches Vorwort, ein Literatur- und ein Filmverzeichnis – und schließlich ist dieses Buch die derzeit günstigste Quelle, an »Carmilla« heranzukommen. Ja, die neunte und längste Geschichte stammt von einem Mann, sie ist aus dem 19. Jahrhundert, und Pam Keesey sieht darin einen »lesbischen Untergrundklassiker«. Schade für den Verlag, dass Suhrkamp erst vor wenigen Jahren in »Von denen Vampyren« eine Carmilla-Fassung herausgebracht hat, aber das wird dem Erfolg dieser neuen Anthologie sicher keinen Abbruch tun, ergänzen sich doch beide Bücher aufs Beste. Ich kann »Dracula Töchter« nur jedermann – und jederfrau erst recht – empfehlen!
Dieses Buch,
der erste Band der »Saga der Verfluchten«, ist leider ein Ärgernis.
Es fehlen sowohl eine klare erkennbare Geschichte wie jede Spannung, die Erotik
ist ziemlich oberflächlich und bezüglich der immer wieder
angedeuteten Homoerotik zwischen den beiden Hauptpersonen prüde statt spannend
oder erregend. Apropos Hauptpersonen: Der Vampir Ares, der zu Beginn den schönen
Domenico zu seinesgleichen macht, ist als Persönlichkeit absolut unklar
gezeichnet und schwankt zwischen den verschiedensten Verhaltensweisen und Gemütszuständen,
ohne dass klar wäre, warum; bei Domenico ist es nicht viel besser. Die
Geschichte ist mal regelrecht zäh und langatmig, dann geschehen wichtige
Dinge in einem so rasanten Tempo, das kaum etwas an Gefühl oder Tiefe rüberkommt,
etwa bei der Verwandlung Domenicos in einen Vampir. Und es gibt Zeitsprünge,
ohne dass wir erfahren, was eigentlich geschah. Am Anfang geht Ares durch die
Straßen, sucht einen Partner und erkennt bald, dass es schwer
sei, den richtigen zu finden. Das hat er wohl in den Jahrhunderten vorher
nie bemerkt ...
Überhaupt gibt es haufenweise inhaltliche Widersprüche.
So frieren die Vampire manchmal, meistens macht ihnen die Kälte aber nichts
aus. Mal sind sie tagsüber nahezu bewusstlos, dann finden sie keinen Schlaf.
Alkohol bleibt auf sie ohne Wirkung, aber ab und zu werden sie doch betrunken.
Mal heißt es, Ares habe Jahrhunderte hindurch »diese
Erde mit Gewalt, Sadismus, Blutdurst und Rachegelüsten regiert«,
kurz danach erfahren wir, dass es weitaus ältere und mächtigere
Vampire gibt. Von dergleichen Unstimmigkeiten gibt es viele; die ganze Geschichte
krankt an Widersprüchen und dem Fehlen eines echten Plots, da hilft es
auch nichts mehr, dass noch Hexen, Geister und Werwölfe auftauchen. Nett
ist auch, dass man höchstens durch Andeutungen erfährt, wo wir eigentlich
sind; die Erwähnung des FBI gegen Mitte des Buches deutet auf die USA hin.
Wieso aber teilt sich Domenico dann eine Höhle mit bluttrinkenden Fledermäusen?
Im letzten Teil springen wir plötzlich zwei Jahre und nach Transsilvanien,
aber eigentlich ist das eine andere Geschichte ...
Hinzu kommen zahlreiche Schwächen in der Formulierung (»Ares
hatte es ihm gelehrt«, »Ares entkam ein Grinsen« u. v. m.),
nichtssagende bis zweifelhafte Metaphern (»geborgen wie ein gefallener
Engel im Ozean des Teufels«) und jede Menge Schreib- und Kommafehler.
Es gab wohl eine/n Lektor/in, zumindest stehen noch Bemerkungen im Text wie
»Mut zusammen zu sammeln(Ausdruck)« und »was wollen Sie von
mir, Sir (Mister? ›Sir‹ ist eine Titel!) Wilson«. Das hat aber nicht viel
genützt, vielleicht wurden auch zu wenig Korrekturen umgesetzt.
Dieses Buch hätte eine ganz nette Geschichte erzählen können,
wenn es gründlich lektoriert und überarbeitet worden wäre. So
ist es ein Sammelsurium unausgegorener Ideen, schlecht umgesetzt und fehlerhaft
geschrieben und gesetzt. Vielleicht würde sich eine überarbeitete
Neuauflage lohnen; in dieser Fassung rate ich von einem Kauf ab.
Der Klappentext
klingt vielversprechend. Der Autor, Journalist und Unternehmensberater, soll in
den USA für das Schaffen einer neuen Gattung des Managementromans gefeiert
werden. Wenn seine Romane allerdings alle so sind, ist mit dies unverständlich...
Denn nichts von dem, was ich aufgrund dieser Ankündigung
erwarten würde, finde ich in dem Buch wieder. Keine Spannung, kein Geheimnis,
nicht einmal Informationen über die modernen Methoden der Unternehmensumstrukturierung.
Was sich heute in der Firma und der Beziehung des »Helden« abspielt,
wird auf dem Niveau einer Soap-Opera erzählt. Die Rückblenden ins 18.
Jahrhundert entbehren manchmal nicht der Komik, können aber nicht fesseln.
Die Passagen aus der Sicht des Vampirs erinnern in ihrer Schlichtheit und dank
des Fehlens jeder tieferen Überlegungen oder gar Gefühle an Nacherzählungen
auf SchülerInnen-Niveau. Das Ende ist weder schlüssig und logisch noch
in irgendeiner Weise befriedigend. Kurz: Das Buch ist langweilig und trägt
nicht das geringste zum Genre bei. Wer es sich kauft, würft sowohl die 34
Mark Kaufpreis als auch die zum Lesen verwandte Zeit zum Fenster hinaus.
King habe
mit »Brennen muss Salem« dem Mythos des Vampirs literarisch neues
Leben eingehaucht, behaupten manche Fachleute, und tatsächlich hat Kings
zweiter Roman, der 1975 erschien und seinen Weltruhm begründete, dem Genre
zu größerer allgemeiner Aufmerksamkeit verholfen. Immerhin lagen
Christopher Lees »Dracula« fast 20
Jahre und Polanskis genialer »Tanz der Vampire« fast 10 Jahre zurück, und die zwischenzeitlich gedrehten Vampirfilme
mit Christopher Lee (der letzte 1973) oder der »Dracula«
mit Jack Palance waren nicht unbedingt geeignet, über eine enge Fan-Gemeinde
hinaus das Interesse wachzuhalten. Zwar gab es durchaus interessante neue Aspekte
in einigen Filmen, diese aber wurden erst im Laufe der Zeit so richtig bekannt,
etwa »Andy Warhols Dracula«, »Der
Omega-Mann« oder die »Rocky-Horror-Picture-Show«.
In der Literatur sah es bei den Vampiren damals ziemlich schlecht aus. Man kann
King also durchaus Verdienste um das Genre zusprechen, sollte das allerdings
nicht überbewerten.
Sicher ist »Brennen muss Salem« einer der besseren Romane von King,
der nach meiner Auffassung oft überschätzt wird; Erfolg und literarische
Qualität gehen auch hier nicht immer unbedingt Hand in Hand. Besonders
zwei von Kings Stärken kommen in diesem Buch zum Tragen: die Beschreibung
des ganz alltäglichen Grauens, etwa im Kleinstadt- oder Landleben, verbunden
mit einer unterschwelligen, wenn auch verhaltenen Sozialkritik, und der
Aufbau zunehmender Spannung. Hier allerdings geht es mir ein wenig so, wie es
ein Kollege mal für Lovecraft beschrieben hat: Da wird mit Riesenbrimborium
eine tolle Flasche Champagner vorbereitet und geöffnet – und heraus blubbert
lahmes Mineralwasser. Der Schluss des Romans ist schwach und fast langweilig,
das »Erlegen« des Obervampirs eine Art Pflichtübung.
Der erste Teil ist betulich und langatmig, in der Mitte jedoch ist der Roman
spannend und stark. Schön herausgearbeitet und beschrieben hat King die
epidemisch anwachsende Bedrohung, die Gefahr, die von seinen – kein bisschen
romantisierten oder ästhetisierten, eher ekelhaften – Vampiren in potenziell
zunehmendem Maße ausgeht. Dieser Mittelteil ist ein Meisterwerk und hebt
sich wohltuend ab von den heute so üblichen Romanen über die »lieben«
Vampire, ist auch dem Vorbild »Dracula« – das immer wieder durchscheint, etwa bei Susans Pfählung oder der »Bluttaufe«
des Priesters – überlegen.
Die Diskussionen um die Natur des Bösen sind gelungen, tiefsinnig und unterhaltsam
zugleich. Doch dann schießt King auch seinen größten Bock,
der mir das Buch sehr verleidet hat. Denn er ist sich über seine eigenen
Grundsätze nicht mehr im Klaren. Wirkt ein Kreuz am Anfang noch automatisch,
leuchtet auf und vertreibt den Vampir sogar bei Nichtgläubigen, wird die
katholische (und nur diese!) Kirche bzw. ihr Vertreter Pater Callahan plötzlich
zu einer echten übernatürlichen Macht. Dann aber wird der Priester
aufgrund seiner Zweifel vom Kruzifix im Stich gelassen und später sogar
von der Kirchentür an der Hand verbrannt – das Gebäude vertreibt den
»Unreinen«. Hier stimmt die Logik absolut nicht mehr, und King macht
sich eines der schlimmsten Fehler eines phantastischen Autors schuldig: Sein
Gedankengebäude ist in sich nicht mehr schlüssig.
In mir hinterlässt »Brennen muss Salem« ein zwiespältiges
Gefühl; man kann, man sollte es vielleicht sogar lesen oder fast noch besser anhören, aber es ist kein
bloßes Vergnügen. Immerhin schlägt es den gleichnamigen Film
um Längen (hingegen ist dessen Fortsetzung »Salem
II« sehr gelungen und amüsant), aber in seiner Nachfolgegeschichte »Einen auf den Weg« ist King
– wie meistens bei der kurzen Form – erheblich besser (wie in vielen anderen Kurzgeschichten).
Das gebundene, schön gestaltete und neu übersetzte Buch von Zsolnay
(2006) ist wegen der Zusätze interessanter zu lesen. Ob einem der Velourseinband
und die beiden schon mal veröffentlichten Kurzgeschichten, vor allem aber
das Vor- und Nachwort sowie ein paar gestrichene bzw. geänderte Szenen
(im Anhang, nicht eingearbeitet) den fast drei Mal so hohen Preis wert sind
(27,90 Euro gegenüber 8,95 Euro beim auch 2007 noch lieferbaren Heyne-Taschenbuch),
ist Geschmackssache.
Das 2007 erschienene Audiobuch bietet die ungekürzte Romanfassung in der
Heyne-Übersetzung (auf der Hülle verweist Lübbe aber auf die
Zsolnay-Ausgabe). Jürgen Kluckert liest gut; in der Hörfassung werden
allerdings die nicht selten vorhandenen Längen und Umständlichkeiten
des Textes, über die man beim Lesen eher hinwegsieht, oft noch deutlicher.
Dennoch eine schöne Beschäftigung, sich dies anzuhören an langen
dunklen Abenden ... und die CDs dann ganz vorsichtig wieder wegzupacken, denn
die billige Pappschachtel hält nicht viel aus. Das ist ein bisschen schade
und auch unverständlich: Wenn der Verlag Kings Buch auf der Hülle
(zu Recht) als »Klassiker der Horror-Literatur« preist, dann hätten
vielleicht auch ein Booklet (statt Infos auf den Rückseiten der einzelnen
CS-Hüllen) und eine Plastikhülle drin sein können ... ähnlich einfach gehalten ist leider auch die 2012 erschienene MP3-Fassung, bei 3 CDs macht allerdings die Papphülle nicht so viel aus.
King ist nach meiner Auffassung in seinen Geschichten oft besser als in seinen Romanen (obwohl ich einzelne seiner Romane sehr schätze). Dafür liefert die Storysammlung »Nachtschicht« hervorragende Beispiele. Unter dem Titel »Night Shift« 1978 als Sammelband mit 20 Kurzgeschichten veröffentlicht, erschien »Nachtschicht« 1984 bei Bastei-Lübbe. Nun veröffentlicht Lübbe-Audio die komplette Sammlung als MP3-Hörbuch, hervorragend gelesen von Joachim Kerzel, Jürgen Kluckert und Uli Krohm. Die Geschichten haben übernatürliche, Horor-, Fantasy- oder SF-Themen. Da geht es u. a. um mutierte Ratten (»Spätschicht«), einen mutierten Grippevirus (»Nächtliche Brandung«, ein Vorläufer des Romans »The Stand«), die Infektion eines Astronauten durch einen außerirdischen Organismus, um Dämonen, Schleimmonster, Schreckgespenster und schwarze Magie, lebendig werdendes Spielzeug und Menschen angreifende Lastwagen (»Trucks«).
Zwei Geschichten haben mit Vampiren zu tun. »Briefe aus Jerusalem« (»Jerusalem’s Lot«) ist ein Vorläufer zu dem Roman »Brennen muss Salem« und eine Hommage an Howard Phillips Lovecraft. »Einen auf den Weg« (»One For The Road«) ist meine Lieblings-Geschichte von King, ich halte sie für eine seiner besten. Während eines Schneesturms nahe von Jerusalem’s Lot begegnet ein Reisender einem Vampirkind. Die Nachfolgegeschichte zu »Brennen muss Salem« kann man als melancholisch-nachdenklichen Epilog zu dem Roman lesen, der ein paar Jahre nach den dort beschriebenen unglückseligen
Ereignissen spielt. Diese Geschichte ist eine der anrührendsten modernen
Vampirgeschichten, die ich kenne, von düsterer,
bedrohlicher Stimmung, und alleine schon dieses Hörbuch wert. Aber auch insgesamt ist es absolut hörenswert, nicht zuletzt auch wegen der hervorragenden Leseleistung von Kerzel, Kluckert und Krohm.
Dieses Büchlein, eher eine Novelle als ein Roman, entstand, wie der Autor schildert, als Reaktion auf die Ausschreibung eines Verlags, in der Vampirgeschichten für eine Anthologie gesucht wurden. Schnell war die Geschichte zu lang, und nun liegt sie sowohl als gedrucktes Buch wie als kostenlose PDF-Datei vor,
Es handelt sich um
eine Variante oder vielleicht auch moderne Nacherzähluing von Dracula, die im Innsbruck unserer Tage spielt. Die Ähnlichkeiten gehen bis in die Form, auch hier wird fast alles in Dokumenten geschildert, etwa als Tagebucheintrag oder Pressebericht. Gegnerin des namenlosen »Helden« (eher ein Antiheld) ist Draculas Tochter; wie sie nach Innsbruck kam, bleibt ebenso unklar wie, was sie eigentlich will. Manche Aktionen sind seltsam unmotiviert, und zu viele Widersprüche in den Fähigkeiten und Eigenschaften der Vampire trüben ebenso das Lesevergnügen wie die insgesamt relativ betuliche und eher spannungsarme Schreibweise. Ehe man das Buch kauft, sollte man einen Blick in das PDF werfen, ob einem der Stil gefällt; ein Lob dem Autor für diese kostenlose Lesemöglichkeit!
Die Autorin gibt an, sie habe sich inspirieren lassen vom lesbischen Vampir-Kultfilm Begierde (The Hunger). Mag sein, dass sie ihre Inspiration daraus bezieht, doch nur eine Figur in diesem Kriminal-Vampir-Roman erinnert an den Film: die dinstingierte Madame Courtenay. Diese und ihre Tochter Pascale wird von der Polizistin Carol aufgesucht; diese will nachfragen, ob sie was wissen über die zahlreichen in letzter Zeit verschwundenen Männer. Carol, hart und schön, gehemmt und voller Komplexe, verliebt sich in Steven, der mit den Damen in einem großen Anwesen lebt. Eines Tages bekommt sie mit, wie Pascale und ihre Mutter zwei Männer töten und deren Blut trinken. Schwankend zwischen Pflicht und Zuneigung – inzwischen hat sie sich in Pascale verliebt und eine intensive Beziehung aufgebaut –, kann Carol sich lange nicht entscheiden, ob sie mit den Courtenays leben oder diese den Gesetzeshütern ausliefern soll. Mit diesem Konflikt und der »Menschwerdung« Carols, die ausgerechnet durch die Vampire Liebe und Zuneigung kennen lernt, beschäftigt sich der erste Teil des Romans. Im zweiten Teil erwachsen dann der neuen Hausgemeinschaft zahlreiche Probleme, an der diese und auch Carol zerbricht. Erst nach jahrelanger Odyssee und Quälerei findet sie zu Pascale zurück. – Ein spannendes und gefühlvolles Buch, häufig jedoch zu langatmig und vor allem in der Entwicklung der Charaktere oft nicht schlüssig und überzeugend. Dennoch ganz unterhaltend und lesenswert.
Koontz ist
neben Stephen King der wohl erfolgreichste und bekannteste Autor des Horrorgenres
– und aus meiner Sicht in vielen seiner Bücher King überlegen. Immer
wieder greift er grundlegende Probleme auf, stellt oft moralische und philosophische
Fragen, geschickt verwoben und untergebracht in spannenden Geschichten.
Sein Roman »Geschöpfe der Nacht« ist eines seiner bisher überzeugendsten
Bücher, wenn auch nicht eines der spannendsten. Der »Held«
Christopher Snow leidet an Xeroderma Pigmentosum und kann sich deshalb nur nachts ins Freie wagen. Als sein Vater stirbt,
entdeckt er in der wunderschönen Stadt Moonlight Bay Abgründe, die
er nie vermutet hätte: Menschen entpuppen sich als tierisch und aggresiv,
Tiere als hoch intelligent und manchmal, wie eine die Gegend terrorisierende
Affenhorde, als höchst gefährlich. Snow muss erkennen,
dass seine verstorbeene Mutter, um für ihn eine Heilung zu finden,
eine genetische Büchse der Pandora geöffnet hat, die sich nicht wieder
schließen lässt.
Ungemein lakonisch lässt Koontz uns mit seinem Helden teilhaben am
Zusammenbruch der Welt, und wenn Snow alleine oder mit seinem besten Freund
über Surfen und das Leben philosophiert, erinnert das, wie Koontz' Stil
auch sonst immer wieder, an einen der größten phantastischen Schriftsteller,
die Amerika hervorgebracht hat, an Roger
Zelazny in seinen besten Werken. Das lässt einen darüber
hinwegsehen, dass manches in Koontz' Buch zu leicht vorhersehbar und das
Ende etwas schwach ist – vergleichbar einigen Werken Lovecrafts, von denen ein
Kritiker mal schrieb, dass mit großem Brimborium eine Flasche Champagner
geköpft werde, dann aber nur Selters hervorsprudele. Dennoch (und auch,
wenn es kein »echter« Vampirroman ist) ein empfehlenswertes und
unterhaltsames Buch.
Einen großen
Roman hat der Verlag angekündigt, den ersten Dracula-Roman, der sich mit
Vlad Draculas Nachkommen beschäftige. Und da die Autorin 10 Jahre an dem
Roman schrieb, muss es ja wohl ein Meisterwerk sein. ... Leider falsch! Das
ist kein schlechtes Buch, aber es ist auch nicht herausragend. Und es gibt einen
erheblich besseren Roman über die Nachfahren von Vlad
Țepeș, nämlich »Die Kinder der Nacht«
von Dan Simmons. Da kommen die wenigstens richtig drin vor! Und vor allem gibt
es da wirklich Spannung, Bezug zur modernen Welt und echte Tragik.
Der Roman von Kostova (tatsächlich am Rande auch eine Vampirgeschichte)
ist eine mehrfach ineinander verschachtelte Rückblende. Die Erzählerin
(Historikerin) berichtet im Jahre 2008 über die Suche nach ihrem verschwundenen
Vater (Historiker) in den frühen 70er-Jahren (der Hauptteil des Romans),
der wiederum ihre angeblich tote Mutter (Historikerin) sucht und ihr berichtet
hatte von der Suche nach seinem verschwundenen Doktorvater (Historiker) im Jahre
1954. Das ist teilweise spannend und lehrreich, häufig aber auch langatmig.
Die Rückblenden sind manchmal unübersichtlich angeordnet, nicht jeder
Schluss ist logisch. Die Uminterpretation des historischen Drachenordens mag man mit dichterischer Freiheit erklären; bei einem Buch, in dem soviel
Wert auf historische Genauigkeit gelegt wird, passt sie so wenig ins Bild wie
der außerordentlich moderne und tolerante islamische Orden, der die Vampire
bekämpft.
Die Gründe für Țepeș, mit Hilfe immer wieder auftauchender Bücher,
in denen nur das (falsch beschriebene und dargestellte) Wappen des Drachenordens
zu sehen ist, neue Gefolgsleute zu finden, sind nicht nchvollziehbar, seine
Taktik fragwürdig. Der Schluss und die Lösung des Rätsels bzw.
der Suche sind leider misslungen; der »Endkampf« ist schnell rum
und wird dem so mühsam als mächtig aufgebauten Gegner Vlad Țepeș nicht
gerecht.
Am Rande sei noch darauf hingewiesen, dass der Originaltitel offenlässt,
wer gemeint ist: The Historian ist geschlechtsneutral und bezieht sich
wohl am ehesten auf die Erzählerin, der ihre Mutter nach dem Sieg über
Țepeș bescheinigt, sie sei eine Historikerin (und das als junges Mädchen).
Hier hätte der deutsche Verlag eine andere Lösung für den in
die Irre führenden Titel wählen sollen.
Ein durchaus lesenswertes Buch für alle, die gerne lange und manchmal langatmige
Bücher lesen, in denen wenig geschieht und viel über Gefühle
und (Städte-)Landschaften geplaudert wird. Wer Spannung, viel Handlung,
interessante neue historische Aspekte oder solche des Vampirmythos erwartet,
sollte auf die Lektüre verzichten.
Im Braunschweig
der frühen 1980er-Jahre stößt Nik, ein typischer Vertreter der
noch jungen Gothic-Szene, auf die schöne Vampirin Shamina, die seit fast
200 Jahren ziemlich unentschlossen ihre Opfer sucht. Dabei steht sie zwischen
zwei Vampir-Männern, einer frühen Liebe und dem Vampir Sylvain, der
sie zur Vampirin machte. In Rückblenden vom Frankreich und Venedig des 15.
Jahrhunderts über das revolutionäre Paris von 1790 und das viktorianische
England wird die Geschichte der Vampire erzählt, die nun in eine Art Endkampf
über die Herrschaft der Vampire mündet. Dabei wird der zum Vampir gewordene
Nik zu einem kleinen, aber wichtigen Faktor.
Leider wird die an sich gute Idee nicht wirklich gut umgesetzt.
Atmosphärisch schreibt die Autorin hervorragend, sowohl in den Rückblenden
wie in der Beschreibung der Gothic-Szene. Aber da ging meine Irritation schon
los: Das Buch erschien 2003; es dauerte etwas, bis ich erkannte, dass es Anfang
der 80er-Jahre spielt. Dann werden viele Ideen einfach nicht genügend ausgearbeitet.
Die nahezu schon klassische Vorstellung von Lilith als
Urmutter aller Vampire und der unterschiedlichen Stärke verschiedener Vampir-»Linien«
wird zwar erklärt, aber sehr dünn und »blutleer«. Der »große
Feind« wird mehr am Rande eingeführt und nie so richtig fassbar, geschweige
denn bedrohlich. Da wird viel geredet, aber es tut sich wenig. Die Art des Kampfes
– irgendwie in einer nicht sonderlich schlüssig erklärten Zwischenwelt
– wird kaum erklärt. Dann kommt noch ein wenig Esoterik und Hexenmagie ins
Spiel, ohne das (zumindest mir) klar wird, wie das alles zusammenhängt. Und
der Endkampf ist nur kurz und kaum lebendig beschrieben, er endet viel zu schnell
und abrupt, und ich weiß nicht einmal, ob der Anfangs-»Held«
Nik über»lebt« hat, auch nicht, ob Sylvain den Kampf übersteht,
geschweige denn, wie es nun weitergeht. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass
die Autorin nach dem wirklich beeindruckenden Beginn und einem guten, atmosphärisch
dichten Zwischenteil schnell fertig werden wollte.
Es ist durchaus ein lesenswertes Buch, allein schon wegen der Eindrücke
zur Szene und der schönen Rückblenden. Aber man sollte weder einen Action-
oder Spannungsroman noch eine sehr romantische Liebesgeschichte erwarten; es ist
eher ein nettes, aber nicht allzu fesselndes Buch, das den Leser oder die Leserin
möglicherweise unbefriedigt zurücklässt, weil es seine anfänglichen
Versprechen nicht einlöst. Aber für ein paar unterhaltsame Stunden
reicht es allemal.
Der gleichnamige Film von Alex Proyas (Inhalt siehe hier) von 1997 ist ein Meisterwerk. Leider kann man das vom Buch zum Film nicht sagen. Angeblich ist DARK CITY der 15. Roman von Frank Lauria, der obendrein einen Lehrauftrag für kreatives Schreiben hat. Dann sollte er auch schreibhen können... Doch Fehlanzeige – es sei denn, man bewertet es als kreativ, wenn jemand aus einem düster-kafkaesken Thriller mit Film-noir-, Science-Fiction-, Fantasy- und Horror-Elementen ein blutleeres Skelett macht, aus einem atmosphärisch extrem dichten und spannenden Film einen Langweiler. Natürlich kriegt Lauria die Story nicht ganz kaputt – dazu ist diese zu gut –, aber es fehlt nicht viel. Seine hilflosen aufgepfropften Erklärungsversuche machen alles nur noch schlimmer. Für Fans des Films, wie mich, mag das Buch trotzdem sein Geld wert sein – aber wenigstens ein paar Filmbilder hätte der Verlag spendieren dürfen.
Der Festa-Verlag hat sich um die Vampirliteratur verdient gemacht und sehr schöne Bücher herausgebracht, etwa die über den Vampirdetektiv Jack Fleming. Was den Verlag aber dazu bewogen hat, uns dieses Machwerk zuzumuten, ist mir ein Rätsel. Hat da der Lektor/die Lektorin gepennt, oder ist das pure Abzocke? Mit Vampiren nämlich hat der Roman, der 1996 unter dem Titel BITE erschien, rein garnichts zu tun. Der »Held« hilft seiner Jugendliebe, einen Mann zu töten, der sie mit Stahlzähnen beißt und ihr Blut trinkt – und damit beginnt eine Mischung aus Road-Movie, schlechtem Krimi, Abenteuergeschichte mit psychologisch unhaltbarem Unterbau und Sado-Maso-Softporno. Natürlich kommt es immer wieder noch schlimmer (irgendwie muss man ja fast 500 Seiten füllen, und was als nächstes an unglaubwürdig Zufälligem kommen mag, ist das einzig Spannende an dem Buch), und natürlich bekommt der Held seine Jugendliebe. Bis dahin aber zieht sich die Geschichte und wird von Seite zu Seite langweiliger. Diese Sorte »Vampirjäger« sollte man zum Teufel jagen!
Neben Dracula ist
Carmilla eine der Figuren, die das Genre am stärksten
geprägt haben, und wird bis heute in bestimmten Kreisen, besonders femninistischen
und lesbischen, regelrecht verehrt (siehe Vampir-ABC:
Erotik). Die Geschichte um die lesbische Vampirin, die sich in das Haus eines
pensionierten Militärs einschleicht, um dessen Tochter als Gefährtin
zu gewinnen, gilt als der erste literarisch bedeutsame Vampirroman, geschrieben
vom irischen Romancier Joseph Sheridan Le
Fanu, erschienen 1872 als Teil der Geschichtensammlung »In a Glass Darkly«
(ausführliche Beschreibung und Inhalt).
1994 brachten wir mit dem Theaterstück CARMILLA eine Fassung auf die Bühne, die sehr gute Kritiken bekam und
besonders von der Erotik lebte.
Man kann sich vorstellen, dass ich sehr gespannt war auf die Hörspielfassung,
die 2003 beim Label »Hörspiele Welt« erschien (www.hoerspiele-welt.de).
Es ist das zweite Hörspiel in der Reihe »Die Schwarze Stunde«,
deren erstes eine sehr schöne Darbietung einiger berühmter Geschichten
von Edgar Allan Poe ist. Diese erste CD der Reihe (»Der Geist des Bösen«)
kann ich nur empfehlen, die Geschichten werden sehr gut dramatisch gelesen. Mit
»Carmilla« aber ist das leider nicht gelungen.
Die Hörspielinszenierung hält sich sehr eng an die Originalgeschichte,
auch wenn einiges gekürzt wurde. Man bekommt einen sehr schönen Eindruck
von Le Fanus Text. So weit so gut und schön. Doch leider sind die Dialoge
sehr hölzern übersetzt; für eine Inszenierung, ob Hörspiel
oder Theater, muss man anders formulieren als Le Fanu es 1872 tat. Schlimmer aber:
Es wird auch genauso hölzern gesprochen; besonders die beiden Sprecherinnen
von Laura und Carmilla wirken, als würde eine Oberstufenklasse
ihre Hausaufgaben lesen. Wenn Laura sagt »Ich hasse das«, Carmilla
ihre Liebe erklärt oder prophezeit: »Du sollst sterben, und voll gleichem
Entzücken in mir aufgehen...«, klingt dies, als sprächen sie etwas
auswendig Gelerntes möglichst monoton. Nichts von der schwülen Erotik,
die man aus dem Text lesen kann, nichts von der unterschwelligen Bedrohung, und
die »lesbische Liebe, Eifersucht und sexuelle Begierde«, die
Kindlers Literaturlexikon in der Geschichte findet, lässt sich bestenfalls
erahnen.
Schade um die vertane Chance. Vielleicht kann der Verlag ja das Stück
noch einmal aufnehmen oder zumindest die Szenen von Carmilla und Laura neu einspielen,
mit einer guten Regie oder gar anderen Sprecherinnen, dann könnte ein gutes
Hörspiel draus werden. So ist es nicht mehr als eine Möglichkeit, die
Geschichte kennen zu lernen, wenn man sie nicht lesen möchte. Man höre
sich besser das Hörspiel von Marc Gruppe an.
Der Erstlingsroman
des schwedischen Autors kommt daher wie ein Krimi oder ein Thriller –
nicht nur in der Aufmachung, sondern auch in Schreibstil und zunächst im
Inhalt. Unverständlich ist mir, warum er ihn 1981 spielen lässt, außer
um vielleicht Handy zu vermeiden, das aber ist eigentlich unnötig –
oder plant er, den »Helden«, den zwölfjährigen Oskar,
in einem Folgeroman als Erwachsenen in unserer Zeit zu schildern? Dieser Oskar
lebt in Blackeberg, einem Vorort von Stockholm, und ist ein Außenseiter,
der in der Schule gehänselt und gequält wird. Gespannt verfolgt er,
wie der Mord an einem Jungen und Furcht vor einem Ritualmörder das beschauliche
Leben des Vorortes durcheinanderwirbelt. Die scheinbar gleichaltrige Eli aus
der Nachbarwohnung bringt Abwechslung in seinen traurigen Alltag und ihn dazu,
aktiver zu werden und sich zu wehren. Doch sie ist nicht, was sie scheint: viel
älter und auch kein Mädchen.
Das Buch beginnt teilweise rätselhaft, die Handlungsstränge und oft
platten Gespräche sind häufig chaotisch aneinandergereiht und ziemlich
langweilig, bei manchen Schul- und Quälszenen sogar eher peinlich. Erst
ab der Mitte gewinnt das Buch an Fahrt. Die Charaktere sind leider fast alle
aus dem Säufer- oder Schlägermilieu, und es gibt wenig sympathische
Handlungsträger. Ein Krimi ist das Buch nicht, und als Thriller funktioniert
es nicht, da es nur gegen Ende ein paar spannende Momente hat.
Als Vampirroman weist das Buch immerhin einige interessante Aspekte auf: Der
Vampirismus als Seuche, die (bzw. das, was sich da im Körper entwickelt)
sogar weiterlebt, wenn der Träger tot ist, ist zwar nicht originell, aber
nicht schlecht durchdacht und geschildert, ebenso die Auswirkungen von Blutmangel
und Sonnenlicht. Die im Vergleich zum ansonsten eher drögen Stil oft unnötig
ausführlich geschilderten Grausamkeiten dienen leider nicht der Erklärung,
an der überhaupt etwas Mangel herrscht.
Über das Schweden von heute erfährt man auch nicht viel – eine
»Offenbarung der schwedischen Literatur«, wie es auf dem Cover heißt,
ist dieses Buch bestenfalls, indem es zeigt, dass es neben den Werken von Mankell,
Nesser und Sjöwall/Wahlöö auch schlechte schwedische Krimis gibt.
Der schwedische KINOFILM nach dem Buch (2008, 114 Min.) gehört für mich übrigens zu den besten Vampirfilmen der letzten Jahre! Denn er vereint in sich alle Stärken des Buches und keine der Schwächen. Die ungeheuer imposante und intensive Darstellung der beiden Kinder durch Kåre Hildebrandt (Oskar) und Lena Leandersson (Eli) prägt einen kühlen und ungemein spannenden Film. Obwohl das Buch fast eins zu eins umgesetzt wird, ist der Film sehr viel besser als das Buch. Denn alle Längen und unmöglich komplizierten Abschweifungen sind gestrichen, die Konzentration auf das Wesentliche macht diesen Film zu einem Meisterwerk.
Die US-amerikanische Neuverfilmung »Let Me In« von 2010 ist actionbetonter; ich finde ihn erheblich schwächer.
Es gab,
außer der hervorragenden Anthologie »Blaß
sei mein Gesicht« des Wiener Frauenverlags, bisher meines Wissens
keine Sammlung mit Vampirgeschichten deutschsprachiger AutorInnen. Diesem Mangel
haben 1996 Arno Loeb aus Augsburg, der sich in einschlägigen Kreisen bereits
als Herausgeber und Verleger des ersten literarischen Vampirlexikons einen Namen
gemacht hat, und der Weitbrecht-Verlag abgeholfen, und im Vampirjahr
1997 hat Ullstein die Anthologie als Taschenbuch verlegt. Eine illustre Schar
von AutorInnen konnte gewonnen werden für dieses schön gestaltete Buch,
darunter so renommierte Leute wie Herbert Rosendorfer, Tanja Kinkel, Gisbert Haefs,
Rafik Schami, Harald Braem, Jürgen Alberts oder Robert Gernhardt. Damit wird
deutlich belegt, dass die Beschäftigung mit einem der ältesten
und stärksten Mythen der Menschheit auch heute nicht nur eine Sache von Hinterhofliteraten
ist; in der Schmuddelecke, in die manche KritikerInnen das Thema gerne stellen
müöchten, hat es ja noch nie gestanden, man denke nur an AutorInnen
wie Goethe, Heine, Hesse, Baudelaire, Maupassant, Voltaire, Byron oder Keats.
Die 17 neuen Geschichten decken ein weites Feld ab, vom klassischen Blutsauger
bis zum Vampir im Internet, vom literarischen Experiment bis zur Parodie, von
der melancholischen Looser-Story über die poetische Liebesgeschichte bis
zum »Postmodernen Vampirfragment«. Auch eine Geschichte aus Saarbrücken
ist da nachzulesen: »Prosit«
von Friedhelm Schneidewind
und Ulrike Schneidewind.
James Falcon
ist Vampirjäger, oder etwas Ähnliches: Er jagt »Strigoi«,
von ihm Schreier genannt, eine rumänische Variante, die im rumänischen
Volksglauben eigentlich mehr mit Hexen und Geistern als mit Vampiren zu tun
hat als mit dem »klassischen« Vampir, bei Masterton diesem aber
doch sehr ähnlich ist. Im zweiten Weltkrieg beginnt Falcon mit seiner Jagd,
im Auftrag des US-Geheimdienstes in Europa, wo die Nazis Strigoi einsetzen,
um Widerstandsbewegungen zu unterwandern und zu vernichten. Jahre später
muss er sich in London noch einmal mit dem damals entkommenen Anführer
der Strigoi messen und stellt fest, dass vor allem die weiblichen Exemplare
dieser Wesen weitaus gefährlicher sind, als er sich träumen ließ
– in jeder Hinsicht.
Eine durchaus gelungene Mischung aus Thriller und langsamen, nachdenklich stimmenden
Passagen, auch wenn manches zu oberflächlich bleibt; es gibt viel zu wenig
Erklärungen für einige Seltsamkeiten der Strigoi und ihre Reaktionen,
und der »Held« hat mir viel zu viele Jesusreliquien. Wer wirklich
durch einen Roman etwas über rumänische Legenden und Strigoi erfahren
will, sei auf das Meisterwerk »Kinder der Nacht«
von Dan Simmons verwiesen, wer sich aber auf gehobenem Niveau unterhalten will,
ist bei Mastertons Buch genau richtig.
Seit den Romanen von Anne Rice hat wohl keine Vampir-Reihe einen ähnlichen Hype hervorgerufen. Ich habe mich lange dagegen gewehrt, diese vier Bücher überhaupt zu besprechen. Denn für mich sind es in erster Linie keine Vampir-Romane. Es sind Romanzen, geschrieben für junge Mädchen und Frauen, auch wenn es männliche Anhänger gibt. Letztere werden sich erwärmen für den und identifizieren mit dem attraktiven Edward (im Film: Robert Pattinson), eine Art Superman oder eher noch Spiderman in Vampirgestalt, eine Lichtgestalt, moralisch einwandfrei, »vegetarischer« Vampir (also von Tierblut lebend), mächtig, stark, romantisch, intelligent – was ihr wollt. Ein Traummann scheinbar für viele Mädels.
Mit Vampiren hat das alles relativ wenig zu tun, es könnten genauso andere Superwesen sein. Auch die Werwölfe sind ersetzbar. Besonders schlimm finde ich, was vielen wahrscheinlich gefällt: die Unausweichlichkeit dieser Liebe (soll man es wirklich so nennen?). Das hat fast schon etwas von Sklaverei. Der vierte Band, in dem die junge Bella Swan (man beachte den Namen! – im Film: Kristen Stewart) endlich ihren Galan heiraten darf, ist auch deshalb sehr umstritten. Allen Schwierigkeiten geht die Autorin darin aus dem Weg: Während andere frisch erschaffene Vampire über Jahre gegen ihre Gelüste ankämpfen müssen, ist die Lichtgestalt Bella von Anfang an »clean« und mutiert zu einer Art Supervampirin. Um dem Problem mit den zwei Männern, die sie liebt, aus dem Weg zu gehen, wird der Werwolf kurzerhand auf ihre Tochter geprägt, eine noch schlimmere und wahrhaft erniedrigende Form der Bindung als die »unausweichliche« Liebe von Bella und Edward. Kämpfe und Konflikte werden versprochen, aber nicht ausgelebt, aber Hauptsache, man hat darüber geredet.
Über die moralischen Aspekte der Bücher kann man unterschiedlicher Auffassung sein, sicher lässt die Autorin ihre mormonischen Ansichten durchscheinen, ohne aber zu missionieren. Über die Begeisterung so vieler junger Menschen allerdings für eine Heldin, die meistens passiv ist, scheinbar willen- und antriebsloses Anhängsel der Männer kann man schon ins Grübeln kommen. Ist diese Opferrolle das neue Vorbild für junge Frauen in einer modernen Gesellschaft? Das wäre wahrhaftig zum Gruseln!
Die »Qualitäten« der Bücher zeigen sich vor allem in gefühlt nahezu endlosen Gesprächen und Diskussionen über Liebe, Gefühle, Feste und Kleider, und das wird von Band zu Band schlimmer (die amazon-Redaktion meint zu Teil 4: »Irgendwie hatte die Autorin die Kitsch- und Schmalzvermeidung in den ersten drei Bänden besser im Griff.«). Die Handlung nimmt stets nur einen kleinen Teil in Anspruch. Von Action, Spannung oder dergleichen kann selten gesprochen werden; meistens ist gleich klar, dass es gut und wie es ausgeht. Da der Film (bisher ist der erste erschienen) viel weniger Zeit hat, fallen diese Schwächen der Bücher darin weniger ins Gewicht, hier wird mehr Wert auf Action gelegt. Dennoch ist er (wie die Bücher) von einer »grenzwertigen Rührseligkeit«, so der SWR3-Kinotipp, und Hans-Ulrich Pönack stellt im Deutschlandradio fest: »Die Unschuld zu bewahren, dies kommt derzeit in den USA gut an, wo traditionelle Fundamentalisten und religiöse Eiferer gerne ›Gesellschafts-Töne dieser Art‹ verbreiten. ... Ein typischer Zielgruppenfilm mit freundlichem Schwärmerei-Faktor.«
Ein großes Manko des Filmes übrigens: Die in den Büchern immer wieder behauptete überirdische Schönheit und Ausstrahlung der Vampire kann nicht im geringsten dargestellt werden.
Wer auf Romantik steht, auf Liebesgeschichten, auf Gefühle, mag mit diesen Büchern (und den Filmen) gut bedient sein; allen anderen rate ich davon ab.
Interviews zum Film und zur Serie TWILIGHT und dem »Vampyr-Hype«
»Der Rabe« ist ein drei- bis viermal im Jahr erscheinendes Literatur-Magazin des Haffmans-Verlags in Taschenbuch-Format, das es für erstaunliche 15 Mark zu kaufen gibt. Es ist jeweils themenbezogen und kommt in der 49. Ausgabe als »Vampir-Rabe« daher – kein Wunder im Vampirjahr 1997 (zur Erinnerung: Bram Stoker würde 150 Jahre alt, der Roman Dracula wird 100 Jahre alt, die Story Carmilla von Sheridan LeFanu wird 125 Jahre alt, und »Dracula« Christopher Lee feiert seinen 75. Geburtstag). Neben einem »Wampir-Song« (von Gerhard Polt!), einigen Gedichten (u.a. von Rudyard Kipling und Robert Gernhard) und 4 Sachtexten teils parodistischer Art – darunter einem interssanten Filmüberblick von Ulrich Krüger und der amüsanten »Psychoanalyse des Grafen Dracula« von Maurice Richardson finden sich hier noch ca. 20 Geschichten von AutorInnen wie Woody Allan über Harlan Ellison bis zu Boris Vian (sein phantastischer »Drencula«). Eine sehr gelungene Mischung mit manchem bisher schwer zugänglichem Kleinod und einigen neuen Stories, sehr schönen Illustrationen (sogar einem Comic) und einem umfangreichen Anhang zu den AutorInnen, auch wenn dort manche Nachlässigkeiten unterlaufen sind, etwa wenn bei Jack Sharkey ein Hinweis fehlt auf seine Geschichte »Die Dämonin«, die das Genre stark beeinflußte bis hin zu dem berühmten Film »Begierde«. Ein rundum empfehlenswertes Buch, das in keiner Sammlung fehlen sollte.
Der Originaltitel des 1995 erschienenen Vampirromans, »Blood Sucking Frinds«, ist weitaus sinnvoller als der unsinnige deutsche Titel; auch das Titelbild – roter Mund mit blutigen Zähnen, gezeichnet vor schwarzem Hintergrund – verführt nicht gerade zum Griff nach diesem Buch, auch wenn wenigsten gleich klar ist, um welches Thema es geht. Und dann muss man sich durch einen unsäglichen Anfang quälen – die ersten zweieinhalb Seiten sind verwirrend und obendrein schlecht geschrieben (oder übersetzt). Aber dann wird das Buch wirklich interessant: Eine junge Frau wird von einem uralten Vampir zur Vampirin gemacht, sucht sich einen Liebhaber (ja, hier können die VampirInnen!), der auch die Tagesarbeit erledigt, und besiegt schließlich in einem netten Showdown den alten Blutsauger. Interessante Ideen, viel Humor und wunderschöne Beschreibungen der Probleme, die das Vampirdasein so mit sich bringt, wechseln mit Krimi-Aspekten und Lovestory-Teilen – eine insgesamt gelungene Mischung. Die Idee des 800 Jahre alten Alchimisten, der aufgrund seiner Forschungen über Lebenselixier zum Vampir wurde und diese Eigenschaft weitergibt, um GefährtInnen zu schaffen, ist übrigens in Deutschland schon älter: Als BUTTADEUS mit im Prinzip der gleichen Geschichte spiele ich seit 1993 einen Alchimisten, der obendrein der Urahn und Erfinder der Legende vom »Ewigen Juden« ist. In dieser Gestalt präsentiere ich auch Lesungen und vampireske Abende.
Die Vampirserie »Moonlight« wurde von 2007 bis 2008 mit 16 Episoden in einer Staffel produziert und war in Deutschland 2008 auf ProSieben zu sehen. Es geht um einen Vampir, der von seiner ehemaligen Frau in der Hochzeitsnacht verwandelt worden war, nun, 55 Jahre später, in Los Angeles als Privatdetektiv lebt und dabei keinem Menschen schaden möchte. Neben kriminalistischen Aspekten spielt vor allem die Wiederbegegnung mit seiner Frau und einem Mädchen, das einst von dieser entführt worden war und er gerettet hatte, eine Rolle. Es geht also um eine Dreiecksbeziehung, den Wunsch, wieder Mensch zu werden, den Preis der Liebe und der Unsterblickeit, das alles dargeboten mit viel romantischer Überzuckerung, eine durchschnittlich nette und unterhaltsame Serie.
Trevor Munson entwickelte ab 2005 die Idee und schrieb das Drehbuch für eine (so nie realisierte) Pilotfolge. Das Vampirbild und die Story wurden für das Fernsehen sehr entschärft und romantisiert, Munson war Co-Produzent. 2010 veröffentlichte er SEINE Fassung der Geschichte, nach seiner Aussage irgendwo und -wie angesiedelt zwischen DRACULA und Raymond Chandler – leider im Niveau näher an (dem in meinen Augen mittelmäßigen Trivialroman) DRACULA als den meisterlichen Kriminalromanen von Chandler. Nur mit der Beschreibung von Härte und Brutalität des (auf mich meist unsympathisch wirkenden) »Helden« schafft man keinen neuen Philip Marlowe – zumal Vampir Mick Angel dessen starke Verbundenheit zu einer persöbnlichen ethik abgeht. Und die Geschichte ist zu einfach gestrickt und weist zu wenig Überraschungen auf. Da sind die meisten Romane von Chandler, Dashiell Hammett, James M. Cain und James Hadley Chase auch heute noch spannender ...
Fans der Fernsehserie, die sich für den Roman interessieren, müssen wissen, dass Privatdetektiv Mick Angel eben ein ganz anderer, brutalerer Typ ist als der Fernsehdetektiv Mick St. John. Als ergänzende Fassung ist das Buch interessant, vor allem, um zu sehen, wie die ursprüngliche Idee aussah – und die, die die Serie nicht kennen, erwartet ein mittelmäßig unterhaltsamer und spannender Vampirkrimi.
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Matthias
Neumann/TIKWA:
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Es gibt viele Anthologien mit Vampirgeschichten, aber diese beinhalten in der Regel Übersetzungen aus dem englischen Sprachraum. Meines Wissens gibt es nur eine einzige Anthologie in den letzten Jahren, die ausschließlich Vampirgeschichten deutschsprachiger Autorinnen bietet. Das kleine i ist hier berechtigt, denn es sind Stories von Frauen über Frauen. Der Wiener Frauenverlag hat mit diesem Band, der auch als Suhrkamp-Taschenbuch vorliegt, eine ganz ausgezeichnete Sammlung vorgelegt mit einem enormen Spektrum. Das reicht von der traditionellen Vampirgeschichte über romantische Poesie bis zur bitterbösen Satire, von Umkehrungen der üblichen Verhältnisse (Edith Kneifls Vampirin braucht einmal im Monat das Blut eines »jungfräulichen« Mannes) bis zur Sozialparodie: Christine Haidegger lässt ihre Vampirin bitten um »Notstandshilfe für Minderheiten«. Besonders herauszuheben: Karin Rick verbindet in »Der junge Mann und seine Lehrerin« aufs beste Melancholie, Bedrohung und Erotik, und Gertrud Sberlo hat mit »Herr von Salik am Rustikon oder das Gastmahl zur Nacht« die beste feministische Vampirgeschichte geschrieben, die ich je gelesen habe, ein Meisterinnenwerk des Sprachspiels, sarkastisch, ironisch und bitterböse. Wer sich dieses Buch nicht besorgt, hat etwas verpaßt!
An Bram Stokers DRACULA scheiden sich die Geister: Ohne Frage ist »Dracula« der erfolgreichste Vampir-Roman überhaupt, wirkungsgeschichtlich kaum zu überschätzen und auch literaturhistorisch von einiger Relevanz – und doch ist es ein mittelmäßiger, prüder Trivialroman, der bis heute unser Bild des Vampirs bestimmt.
Immer wieder wird/wurde versucht, die Geschichte fortzuschreiben – die aus meiner Sicht gelungenste Fassung hat Kim Newman 1992 vorgelegt mit ANNO DRACULA.
In dieser bitterbösen satirischen Geschichte hat Dracula gewonnen: Er regiert das Empire als Prinzgemahl der Königin Viktoria, van Helsings Kopf ziert einen Pfahl, die barbarischen Horden seiner langjährigen Diener terrorisieren England, Sherlock Holmes sitzt im KZ, und Dr. Seward bringt als Jack the Ripper Vampirhuren um, die für einen Quickie einen Mundvoll Blut verlangen.
Eine Tour-de-Force durch die Literatur ist dies, voller Anspielungen und bitterschwarzem englischen Humor, mit Melancholie und Komik, sozialkritisch und sarkastisch, amüsant und unterhaltsam, spannend bis zur letzten Seite, absolut schlüssig und überzeugend: einer der besten Vampirromane, die ich kenne!
Die
Geschichte des ersten beiden berühmten Vampirerzählungen wird schon
aufs Schönste in dem Hörspiel Der
Vampyr oder Gespenstersommer am Genfer See erzählt. Hier werden nun
die beiden erwähnten Erzählungen nicht nur gelesen, sondern auch musikalisch
untermalt: das Fragment von Lord Byron und die
berühmte Erzählung von John William
Polidori. Egal ob man die Geschichten kennt oder nicht, vor allem Polidoris
Erzählung ist ein wahrer Ohrenschmaus.
Wenn man ein wenig Discjockey spielt (oder sich eine MP3-Fassung
zusammenstellt), kann man aus dem Hörspiel und
dieser inszenierten Lesung eine Art »Gesamtfassung erstellen« (Hörspiel CD 1 Tracks 1-13 · Lesung Tracks 2-4 ·
Hörspiel CD 1 Tracks 15-16/Ende · Hörspiel CD
2 Tracks 1-7 · Lesung Tracks 6-16/Ende ·
Hörspiel CD 2 Tracks 9-22/Ende). Mit insgesamt rund 3 Stunden VAMPYR kann man sich dann wirklich einen gemütlichen
Abend machen!
»Das Beste von Dracula« kündigt ein neuer Sammelband an. Das stimmt natürlich nicht, da Dracula nur ab und zu vorkommt. Aber in diesem Buch stehen einige der besten Vampirgeschichten, die ich je gelesen habe, auch sehr moderne, teils sehr intensive – und das für nur 10 DM! Für alle, die sich für Vampire interessieren, ein absolutes Muß!
Die amerikanische Autorin Anne O'Brien Rice hat mit ihrer »Chronik der Vampire« in den letzten Jahren viel beigetragen zum Höhenflug dieser Blutsauger in der Öffentlichkeit, hat auch das Live-Rollenspiel »Vampire« beeinflußt und mit dem »Interview mit einen Vampir« die Vorlage für einen ziemlich erfolgreichen Film geliefert. »The Queen of Vampires« ist unbestritten die erfolgreichste und bekannteste Autorin und die mit der stärksten Wirkung in diesem Genre seit Bram Stoker und Dracula. Diese Erfolgsstory hat in doppelter Hinsicht mit Blut zu tun, denn Anne Rice schrieb den ersten Band, um sich aus den Depressionen und dem Alkoholismus nach dem Tod ihrer Tochter zu befreien, die mit 5 Jahren an Leukämie gestorben war. Doch bei allem Erfolg, weshalb sie hier auch erwähnt werden muss: Sie hat der Legende um die Blutsauger eigentlich kaum eigenständige neue Aspekte hinzugefügt. Ist das »Gespräch mit dem Vampir« (Interview with the Vampire, 1976) noch wirklich interessant wegen der Melancholie der Hauptfigur Louis de Pointe du Lac und deren Gedanken um Unsterblichkeit und Moral, so wandelt sich die »Chronik der Vampire« ab dem »Fürst der Finsternis« (The Vampire Lestat, 1985 – ab hier wird Lestat de Lioncourt zur Hauptfigur) immer mehr zur Superheldenstory ohne Tiefgang; die Vampire werden immer älter und damit mächtiger, bis zur »Königin der Verdammten« (The Queen of the Damned, 1988). In »Nachtmahr« (The Tale of the Body Thief, 1992) tauscht Lestat zeitweise den Körper mit einem Sterblichen, und im (bisher?) letzten Roman, »Memnoch der Teufel« (Memnoch the devil, 1995) taucht der titelgebende Satan höchstpersönlich auf und entführt Lestat auf ein surreale Reise durch Raum und Zeit mit mehr als fragwürdigen Argumentationen und Glaubensaussagen. Hier fehlt es nicht nur an literarischer Qualität – durch diese zeichnet sich keines der Bücher aus –, sondern auch an der in den vorherigen Romanen wenigstens noch vorhandenen Spannung und Action, dafür gibt es Esoterik satt. Wie bei Bram Stoker ist Erfolg halt nicht immer mit Qualität verbunden. Anne Rice schreibt übrigens als Anne Rampling auch Erotika und als A.N. Roquelaure pornographische Romane.
Mit seiner Geschichte »Draculas Kinder« (1991,
enthalten in »Das Beste von Dracula«), einer
bitterbösen, melancholischen und deprimierenden Reise in das Vaterland des
Vampirismus, in das Rumänien direkt nach Ceaucescus Sturz, und dem darauf
basierenden Roman »Kinder der Nacht« (1992) wurde
Dan Simmons zum Kultautor nicht nur bei Vampirfans. Doch für mich ist sein
bereits 1989 erschienenes Werk »Kraft des Bösen« dem oben genannten
noch weit überlegen, und man muss dem Heyne-Verlag dankbar sein, dass
er dieses Meisterwerk nun als Taschenbuch unter die Leute bringt – für gerade
mal 16,90 DM (ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so viele Seiten für
so wenig Geld erhalten habe).
Es geht in »Kraft des Bösen« um psychische Vampire; die Grundthese
ist, dass bestimmte Menschen Kraft, Energie und Befriedigung ziehen aus der
Gewalt, die sie andern antun, und auch in der Lage sind, Gewalt über sie
auszuüben, ihnen ihren Willen aufzuzwingen, sie diesem komplett zu unterwerfen.
In einer ausgesprochen spannenden Geschichte, die von einem Konzentrationslager
1942 bis in unsere Zeit, in die USA, nach Israel und Europa führt, werden
Einzelschicksale wie internationale Zusammenhänge meisterhaft erzählt.
Ein melancholischer Grundton durchzieht das Buch trotz der zahlreichen Actionszenen
und Grausamkeiten, die Sozialkritik ist wie in »Draculas Kinder« deutlich
und dennoch nie fehl am Platze, und so, wie oft unklar ist, wer eigentlich
die Monster sind, ist auch der Schluß keineswegs klar und eindeutig ein
»Happy End«: Einige »Vampire« sind geschlagen, wenn auch
um einen hohen Preis. Aber es gibt noch andere, und ihre Macht wächst...
Ein Buch, das einen nicht loslässt, ein Buch, das man gelesen haben
muss!
Dieser Roman
basiert auf der Geschichte »Draculas Kinder« (1991, enthalten in »Das
Beste von Dracula«), einer bitterbösen, melancholischen und deprimierenden
Reise in das Vaterland des Vampirismus, in das Rumänien direkt nach Ceaucescus
Sturz, und er machte Dan Simmons zum Kultautor nicht nur bei Vampirfans.
In der Vampirliteratur hat dieses Buch einen vergleichbaren Stellenwert wie etwas
FIEBERTRAUM von George R. R. Martin. Wie Martin und Barbara Hambly in JAGD
DER VAMPIRE legt Simmons eine medizinische Erklärung vor für das
Phänomen des Vampirismus, und es ist mit Abstand die schlüssigste und
beste. Bei diesem Buch stimmt alles: der medizinisch-biologische Hintergrund bis
zur modernen Gentechnik, die Story, die Spannung...
Vlad Țepeș, bekannt als Dracula, »Vater«
und Herr einer Familie von Strigoi, die aufgrund einer seltenen rezessiv wirkenden
Genanomalie fast unsterblich sind und durch das Nutzen fremden Blutes Krankheiten
und Wunden können, kehrt alt und ausgelaugt nach Rumänien zurück,
wo sein Nachfolger inthronisiert werden soll. Das dafür ausgewählte
Kind aber wird von Gegnern der Strigoi als Adoptivsohn der amerikanischen Wissenschaftlerin
Kate Neumann in die USA gebracht. Als das Kind wieder entführt wird, macht
sich Neumann, die inzwischen hinter das Geheimnis der Genanomalie gekommen ist,
auf, ihren Adoptivsohn zurückzuholen und die »Familie« zu vernichten.
In einem phänomenalen Shwodown gelingt dies, doch am Ende gibt es eine faustdicke
Überraschung...
Eines der besten Vampirbücher, die je geschrieben wurden, stimmig in jeder
Szene, extrem spannend und zugleich lehrreich. In »Träumen von Blut
und Eisen« erinnert sich Vlad Țepeș an sein Leben als Woiwode der Walachei;
gut recherchiert, wird dies spannend und anschaulich und aus ganz anderer Sicht
als üblich erzählt. Die Mischung aus moderer Wissenschaft, alter Geschichte
und realistischer Beschreibung des Rumänien in der Nach-Ceaucescu-Ära,
die leider allzu treffend ist und sehr betroffen macht, lässt einen
nicht los. Ein Buch, das man gelesen haben muss!
Ein Buch um moderne Vampire, die erfrischenderweise weder glitzern noch nur Schuhe oder Kleider oder Kämpfe mit Werwölfen im Kopf haben. Die Protagonistin, eine nahezu professionelle Betrügerin, soll als Marketing-Praktikantin einen Rundfunksender retten helfen, dessen DJs alle Vampire sind – und deshalb tolle Musik auflegen. Denn, so eine der reizvollen Grundideen der Autorin: Vampire sind in ihrer Zeit psychisch und geistig gefangen, ihr sozusagen verhaftet. Das sorgt für angenehm unterhaltsame Komik, aber vor allem ist der Roman spannend, geht es doch u. a. um Konflikte mit Vampir-Traditionalisten, die es überhaupt nicht schön finden, dass die Radio-Vampire plöätzlich als solche an die Öffentlichkeit treten, um eine Organisation von Vampir-Jägern und -Beschützern, um blutige Rache und wirklich kräftige Versuchungen. An ein paar Stellen gefiel mir der Roman nicht sonderlich, so hatte ich am Anfang die Befürchtung, vollkommen verloren zu sein, wenn ich mich nicht mit den Fachausdrücken modern(er) Pop- und Rockmusik auskennen würde (das wurde aber schnell besser), natürlich gab es die heutzutage in solchen Romanen schon fast obligatorischen ausführlich beschriebenen Sex-Szenen, die mich eher langweilen, und die Empfindlichkeiten der doch sehr jungen Protagonisten und ihr Umgang mit Geschlechtsgenossinnen sind machnal doch etwas pubertär bis zickig. Das aber sind Kleinigkeiten, die mit persönlichem Geschmack zu tun haben. Insgesamt ein spannender und lesenswerter Roman, der Vorfreude auf die Fortsetzung aufkommen lässt.
Rike Speemann
hat unter ihrem eigentlichen Namen Ulrike Schweikert bereits mehrere historische
Romane veröffentlicht. »Der Duft des Blutes« ist ihr erster
Vampirroman und zugleich ein Kriminalroman. Peter von Borgo, geboren 1610 in
Wien und inzwischen in Hamburg »wohnhaft«, hilft (eher unwillig)
einer jungen, frisch geschiedenen Kriminalkommissarin bei der Aufklärung
einer Mordserie. Natürlich gibt es eine Liebesgeschichte zwischen beiden;
es bleibt unklar, ob sie sich verwandeln lässt. Manchmal ist der Stil etwas
hölzern, und die Atmosphäre wird oft mehr beschrieben als erzeugt,
doch insgesamt ein durchaus interessanter und lesenswerter Roman mit einem gut
konstruierten Plot und einer gelungenen, spannenden Lösung.
Der zweite Band der Reihe um Peter von Borgo, »Feuer der Rache«
(Knaur, München 2005), lässt leider alle guten Ansätze und Umsetzungen
vermissen, ist meistens unglaubwürdig in der Story und oft hölzern
im Stil.
Der erste
Band einer Reihe (»Lockruf des Blutes« erscheint im Juni 2008) um
die Kopfgeldjägerin Anna Strong (nomen est omen), die nach einer Schlägerei
im Krankenhaus als Vampirin erwacht. Die Autorin erklärt im Interview im
Buch, sie liebe u. a. die Bücher von Charlaine Harris und Laurell K. Hamilton.
Dies merkt man leider all zu deutlich; ihre Anna ist Hamiltons Anita Blake nicht
unähnlich, ohne deren Härte und Coolness zu erreichen. Während
Harris eher zum Slapstick und zur Ironie neigt, nimmt Stein ihre Figuren und
ihr Thema aber durchaus ernst und entwickelt eigene Ideen und Spannung.
Zu viel aber bleibt mir in diesem ersten Roman offen, zu viel wird nur angedeutet:
Da gibt es eine Vampirgesellschaft im Hintergrund, Gegner und Verbündete,
die alle noch zu vage sind, das trübt das Vergnügen an dem Buch. Und
das Gefühlsleben der Protagonistin ist mir wie bei Harris oft zu wenig
ausgearbeitet, zu klischeehaft; von Hamilton trennen Stein hier noch Welten.
Aber wer weiß, vielleicht entwickelt sich das in den nächsten Bänden,
schließlich ist dies ja erst »The Becoming«, also das Werden,
so der Originaltitel. (Wer sich bei Knaur übrigens den dämlichen deutschen
Titel ausgedacht hat, sollte Nachhilfe in Deutsch nehmen: Soll hier etwa die
Nacht verführt werden? Sonst müsste es doch wohl »Verführung
durch die Nacht« oder »Verführung bei Nacht« heißen!).
Für ein paar Stunden Unterhaltung ist das Buch auf jeden Fall geeignet.
ANMERKUNG: Eine Rezension der Folgebände »Lockruf des Blutes« (München: Knaur, 2008), »Dunkle Küsse« (München: Knaur, 2009) und »Der Kuss der Vampirin« (München: Knaur, 2010) folgt im Sommer 2010.
Man kann zu Stokers Werk stehen, wie man will (zu Werk und Autor sei auf die entsprechenden ausführlichen Artikel im VAMPYR-ABC verwiesen) – sein Roman Dracula (London 1897) bestimmt heute wesentlich das Bild des Vampirs. Auch wenn es kein gutes Buch ist – eher ein mittelmäßiger Trivialroman –, so ist es doch ein Buch mit enormer Wirkung und von großer Bedeutung für Literaturwissenschaft, Film und Vampirologie. Wer nur mal schnell »das Original« lesen will, ist am besten mit dem geschickt gekürzten und bearbeiteten Heyne-Taschenbuch bedient (München 2002, übersetzt von Wulf H. Bergner, 334 S., gebraucht noch erhältlich), wer sich durch die ungekürzte Fassung arbeiten möchte – auch das hat seinen Reiz – hat die Auswahl unter folgenden Ausgaben:
Ausgesprochen schön ausgestattet – und für ein gebundenes Buch ausgesprochen günstig, war 1992 die schon klassisch zu nennende Ausgabe bei HANSER (574 S., 25,00 DM), die zwar nur noch gebraucht erhältlich ist, aber dafür gibt es sie in fast gleicher Ausstattung seit Januar 2007 bei ARENA für immer noch fast geschenkte 14,95 Euro!
Die Übersetzung ist manchmal etwas gediegen und betulich, aber das wird natürlich dem Originaltext von Stoker durchaus gerecht. Und vor allem: Hinter dem Übersetzer STASI KULL verbirgt sich kein geringerer als H.C. Artmann, der berühmte österreichische Schriftsteller, der ausgerechnet im Vampirjahr 1997 mit dem Büchner-Preis ausgezeichnet wurde und mit »Dracula Dracula« 1966 eine der besten Vampir-Parodien vorgelegt hat (in der so nebenbei auch noch Carmilla und Lovecrafts »Necronomicon« verbraten werden). Sehr zu empfehlen und für mich die ultimative deutsche Dracula-Ausgabe.Ebenfalls ungekürzt: das BASTEI-LÜBBE-Taschenbuch (zuletzt 2005): ziemlich gut übersetzt von Bernhard Willms, moderner und weniger betulich als die Hanser-Ausgabe – leider sind die 540 S. nur noch gebraucht erhältlich.
Im Vampirjahr 1997 erschien bei ULLSTEIN eine angeblich ungekürzte Taschenbuchausgabe in der Bearbeitung von und mit einem guten Nachwort versehen von Helge Martini. Der Übersetzer ist nicht angegeben, es klingt nach einem Verschnitt der Übersetzung von Artmann (Hanser), auch wenn als Lizenz-Verlag Das Neue Berlin angegeben ist. Es sind einige der kitschigsten Stellen gekürzt – aber wem es darauf ankommt, der greife besser zum Heyne-TB – da weiß man, was man hat. Ich empfinde es als nicht ganz redlich, »ungekürzte Ausgabe« zu schreiben, wenn gekürzt wurde, daher kann ich diese (inzwischen auch nur noch gebraucht erhältliche) Ausgabe (474 S.) trotz des gelungenen Titelbildes leider nicht empfehlen.
2012 erschien eine englische illustrierte Ausgabe mit Photos, Karten und drei Essays von Hans Corneel De Roos: Dracula. Including The Ultimate Dracula – Moonlake Editions, München 2012.
SEHR EMPFEHLENSWERT: Dracula. Große kommentierte Ausgabe. Hrsg. von Leslie S. Klinger. Berlin: FISCHER Tor, 2019.
Stokers Roman Dracula bestimmt heute wesentlich das Bild des Vampirs – und man kennt ihn fast nur als Autor dieses Buches. Er hat aber noch 11 weitere Romane veröffentlicht, von denen drei – allesamt mit Vampirinnen, wenn man den Begriff weit genug fasst – bei Bastei-Lübbe in dem Sammelband »Im Schatten der Vampire« auch in deutscher Sprache vorliegen – neben der eher unbedeutenden transsilvanischen Gruselstory »Das Geheimnis des schwimmenden Sarges« (The Lady of the Shroud, 1909) auch Stokers letzter Roman »Das Schloß der Schlange« (The Lair of the White Worm, 1911), der von Ken Russell unter dem Titel »Der Biss der Schlangenfrau« verfilmt wurde. Der Mumienthriller »Die sieben Finger des Todes« (The Jewel of Seven Stars, 1904) diente als Vorlage für zahlreiche Mumienfilme, darunter die direkte (ziemlich miese) Verfilmung »Bram Stoker’s Legend of the Mummy« (USA 1997), und für das hervorragende Hörspiel »Das Amulett der Mumie« von Titania-Medien (2004).
Stokers
Roman Dracula bestimmt heute wesentlich das Bild des Vampirs
– und man kennt ihn fast nur als Autor dieses Buches. Er hat aber noch 11 weitere
Romane veröffentlicht, von denen drei 1993 bei Bastei-Lübbe in dem
Sammelband »Im Schatten der Vampire« veröffentlicht
worden waren. Den wichtigsten davon, Stokers letzten Roman »Das Schloß
der Schlange« (The Lair of the White Worm,
1911), hat Bastei-Lübbe nun glücklicherweise neu aufgelegt, als
Einzelband. Mit dem Roman, der von Ken Russell unter dem Titel »Der
Biss der Schlangenfrau« verfilmt wurde, wollre Stoker an seinen
Erfolg mit Dracula anknüpfen, doch gelang es ihm
nicht, obwohl er eine ähnliche Struktur wählte: Eine dunkle Legende
ist lebendig geworden und verbreitet Angst und Schrecken. Die betörende
Lady Arabella steht im Dienst eines furchtbaren Monsters, einer Art vampirischem
Drachengott. Da Stoker hier auf Tagebücher und Briefe verzichtet, liest
sich das Buch erheblich leichter als Dracula und ist durchaus
unterhaltsam.
Hörspiel: Das Schloss der Schlange – Titania-Medien/Lübbe-Audio, Bergisch-Gladbach,
2009, 1 CD
Die Zusammenarbeit zwischen Titania-Medien und Lübbe Audio erweist sich als überaus fruchtbar. In der Reihe »Gruselkabinett«, die bisher eigentlich nur gute Ergebnisse hervorgebracht hat, ist als Folge 35 »Das Schloss des weißen Lindwurms« erschienen, wieder einmal kongenial umgesetzt von Marc Gruppe und spannend, atmosphärisch dicht und relativ nahe an der Originalgeschichte von Bram Stoker inszeniert. Wer sich das Buch ersparen möchte, ist mit dieser Produktion sehr gut bedient, wer das Buch kennt und mag erst recht.
Bram
Stoker, der Autor von »Dracula«, hat
auch die eine oder andere Horrorgeschichte verfasst. Drei davon sin in dieser
hörenswerten Sammlung vereint. Die Titelgeschichte, »Draculas Gast«,
geht auf die berühmte Geschichte »Carmilla«
von Sheridan Le Fanu zurück: Jonathan Harker entdeckt
das Grab der Gräfin. Ursprünglich sollte dies das Einleitungskapitel
für Dracula werden, das Kapitel wurde aber später gestrichen und erst nach Stokers
Tod als eigenständige Geschichte veröffentlicht.
Die anderen beiden Geschichten auf dieser CD sind eher herkömmliche
Gruselgeschichten: »Im Haus des Richters« wird eine Student Opfer
eines spuckenden Verstorbenen, und in »Die Squaw« rächt sich
eine Katze blutig für den Tod ihres Kindes. Diese Geschichte ist
interessant, da sie in Nürnberg(!) spielt und in einer eisernen Jungfrau
endet.
Lutz Riedel liest mit der ihm eigenen Routine; leider habe ich auch auf diesem
Hörbuch (wie öfter bei ihm) ab und zu den Eindruck, er lese mehr auf
den Effekt bedacht als auf den Sinn und damit die richtige Betonung. Diese Unsitte
beobachte ich in den letzten Jahren bei der Flut an Hörbüchern immer
häufiger; nicht jede/r gute Schauspieler/in oder Synchronsprecher/in kann
gut vorlesen. Da gehört Lutz Riedel noch zu den besten, und dieses Hörbuch
ist durchaus zu empfehlen.
Hörspiel
von Titania
Buch mit den Geschichten: Bram
STOKER: Im Haus des Grafen Dracula – München 1974
Die Geschichte »Draculas Gast«
findet sich u. a. in Von denen
Vampiren und in Denn das Blut
ist das Leben
Dies ist die Fortsetzung von Striebers bekanntem Roman »Der Kuss des Todes« von 1981 (Kritik von Erwin Jänsch), der die Vorlage für den berühmten Vampirfilm BEGIERDE lieferte. 20 Jahre hat Strieber sich mit der Fortsetzung Zeit gelassen, und herausgekommen ist eine ganz andere Sorte Buch. War der erste Roman von Melancholie und Erotik bestimmt, so sind es beim zweiten hauptsächlich Sexualität und Action. Und die Welt der Vampire stellt sich plötzlich ganz anders dar: Diese sind nun eine Rasse, die der »Hüter«, die die Menschen seit Jahrtausenden züchten. Sarah, die menschliche« Heldin aus Band 1, wurde wiedererweckt und dient ihrer Herrin, der Hüterin Miriam. Die Hüter werden gejagt von einer geheimem Regierungsorganisation, die ihre Geheimnisse kennt. Der beste aller Jäger lässt sich mit Miriam ein und muss feststellen, dass er selber ein halber Vampir ist... Trotz einer teilweise etwas kruden Logik, einer öfter eher zufällig erscheinenden Handlungskonstruktion und manchmal sehr gezwungenem Humor (z. B. wenn sich die Jäger mit der Menschenrechtskommission der US-Regierung auseinandersetzen müssen, die die Vampire schützen wollen) ist dies ein durchaus lesenswerter, spannender Roman.
Eine schöne Idee ist das: »Wir bringen sie über den Jordan«, verkündet dieser »Reiseführer« durch das Jenseits auf dem Titel, und das mit »detailliertem Routenplaner für über 50 Religionen«. Weil dieser »Routenplaner« dann doch eher essayistisch als informatib ausfällt, bespeche ich dieses Buch hier unter Belletristik, auch wenn es ein wenig Sachbuchcharakter hat. Was liefert es? Eine zum großen Teil unterhaltsame Darstellung der Jenseitsvorstellungen bekannter und weniger bekannter religionen udn Glaubensrichtungen, von den mosaischen Religionen (ohne das Christentum konfessionell zu differenzieren) über verschiedene Spielarten von Hinduismus und Buddhismus bis zu Naturreligionen und Schamanismus. Auch moderne religiöse Vorstellungen werden behandelt, wie die Zeugen Jehovas, die Anthroposophie, der Spiritismus und Scientology.
Das ist durchaus amüsant gemacht: Einer launigen Einführung folgen Rubriken wie »Land und Leute«, »Promi-Wahrscheinlichkeit« und eine Empfehlung bzw. ein Fazit (die ich allerdings oft nicht nachvollziehen kann).
Leider kann sich der Autor nicht immer entscheiden, ob er
(auch) seriös informieren oder »nur« unterhalten will. Es gibt nur wenig grobe Fehler (vor allem zur Religionsgeschichte), aber doch viele bedenkliche Auslassungen, etwa zur Stellung der Frau im Buddhismus oder zu problematischen Aussagen in der Anthroposophie und bei Scientology. Ein solches Buch muss und kann nicht umfassend informieren, aber ein wenig mehr Seriosität und Recherche hätte nicht geschadet (und dem Amüsement keinen Abbruch getan!). Manchmal ist der Autor zu leger und flappsig, so wenn er den »Rest des Jenseits bei Naturvölkern« in gut 6 Zeilen abhandelt oder die Maori mit den Yamonami zusammenfasst (absolut irritierend!) und ihnen dann 4(!) Zeilen widmet. Auch stört mich manchmal seine gönnerhaft-herablassende Betrachtungsweise; Komik und Satire müssen nicht arrogant daherkommen!
Insgesamt ist dies aber ein unterhaltsames Buch, das Spaß machen kann und sogar geeignet ist, sich auf lockere Art über ein paar Grundzüge von Religionen und Weltanschauungen zu informieren. Ich könnte es mir auch als Grundlage eines lustigen geselligen Abends vorstellen, bei dem man über die Vorzüge der verschiedenen Nachtodmöglichkeiten diskutiert und wahrscheinlich nicht selten zu einem anderen Fazit kommt als der Autor – dann kann man sich auch gleich im ausgewählten Jenseits verabreden und die Mitnahme bzw. -gabe der notwendigen Grabbeilagen organisieren!
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Dr.
von Unguth:
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Die Serie
VAMPIRA von Frank Weinland, von der von 1994 bis 1999 bei Bastei-Lübbe insgesamt
110 Ausgaben erschienen (50 Romanhefte, dann 60 im Taschenheftformat), hatte immer
viele Anhänger. Ab dem Jahr 2000 erschien imZaubermond-Verlag erst eine Neuausgabe der Heftromane im Hardcover, bei denen jeweils fünf
Romane zu einem Band zusammengefasst wurden, unter dem Serientitel »Das
Volk der Nacht« (7 Bände); parallel dazu wurde die Serie in 17 neuen
Romanen bis 2003 fortgeschrieben.
In den späteren Heften geht es durch Raum und Zeit und bis in Parallel- bzw.
Alternativwelten; die ersten 6 CDs jedoch sind noch ganz erdverbunden und erzählen
die ersten Abenteuer der Halbvampirin Lilith. In Sydney erwacht diese 1994 aus
einem tiefen 98 Jahre langen Schlaf. Ohne Gedächtnis und ohne Wissen um ihre
Bestimmung, gejagt und verfolgt von ihr zunächst unbekannten Feinden, erforscht
sie ihre Vergangenheit. Tochter eines Menschen und einer Vampirin, soll Lilith
Eden zur Vernichterin der Vampire werden. Doch sie ist zu früh erwacht, schwach
und unwissend. Auf den ersten CDs lernt sie ihre Feinde und einige ihrer Fähigkeiten
kennen und nimmt den Kampf auf. Auf den CDs 7 und 8 (August 2007) beginnen nun
die Abenteuer zwishcne den Zeiten ...
Das Hörspiel ist ganz nett und unterhaltsam, manchmal aber wird zu viel erzählt,
manchmal zu wenig und man hört nur Kampfgeräusche ohne Erklärung;
so wird es selbst bei den spannendsten Stellen manchmal langweilig. Auch ist das
Tempo schleppend, ich frage mich, wie viele CDs es brauchen wird, um in die spannenden
Reisephasen zu gelangen. Für FreundInnen der Serie sind die CDs aber auf
jeden Fall empfehlenswert.
Dies ist bereits das dritte »Buch der Vampire«, das der Schriftsteller und begnadete Selbstdarsteller Christian von Aster (»dominanter Lesesklave«) herausgegeben hat. Das erste »Liber Vampirorum«, 2000 erschienen, hatte noch kein spezielles Thema außer Vampirismus allgemein und versammelte 12 Kurzgeschichten von Christian von Aster, Katrin Döscher, Dorte Landschulz und Oliver Hagedorn. Im zweiten Band mit dem Untertitel »Les enfants du sang« finden sich 13 Beiträge der 7 Autorinnen. Der nun erschienen dritte und letzte Band mit dem Untertitel »last blood« versammelt 18 kurze Erzählungen von Brigitte Helbling, Boris Koch, Malte Schultz-Sembten, Giannina Wedde, Katrin Döscher, Christian von Aster, Markus K. Korb, Bela B. Felsenheimer, T. S. Vaising, Verena Nussbaumer, Kathleen Weise, Sabine Sänger und Mario Kühn. Sie sind alle lesenswert, und einige gehören zum Originellsten, was in den letzten Jahren auf vampireskem Gebiet zu lesen war. Das reicht von der Entstehung der Vampire durch Jesu Blut oder durch einen Außerirdischen, der zu Vlad Țepeș wird, über den armen Vampir, der die Vernichtung der Menschheit überlebt, nur um von Pflamzenabkömmlingen getötet zu werden, und Vampirpinguine in der Antarktis bis zum titelgebenden »Liber Vampirorum«, das von der Kraft des Lesers zehrt. Und auch der Humor kommt nicht zu kurz, weder im »Offenen Brief« des besorgten Vampirvaters an den Integrationskindergarten, noch im Berict über den Blutwurstwettberwerb oder in der köstlichen Geschichte von den »Vollblutmusikern«. Dieses Bändchen gehört in jede Vampirbibliothek! (erhältlich u. a. bei http://www.lustwandel.de)
An Bram
Stokers DRACULA scheiden sich die Geister: Ohne
Frage ist »Dracula« der erfolgreichste Vampir-Roman überhaupt, wirkungsgeschichtlich kaum zu überschätzen und auch literaturhistorisch
von einiger Relevanz – und doch ist es ein mittelmäßiger, prüder
Trivialroman, der bis heute unser Bild des Vampirs bestimmt.
Immer wieder wird/wurde versucht, die Geschichte fortzuschreiben – die aus meiner
Sicht gelungenste Fassung hat Kim Newman vorgelegt mit ANNO
DRACULA.
Im Gegensatz zu dieser bitterbösen satirischen Geschichte hat F reda Warrington,
die sich mit historischen Romanen und dem – mittelmäßigen und teilweise
zu esoterischen – Vampirroman »Das Blut der Liebe« einen Namen gemacht
hat, im Vampirjahr 1997, 100 Jahre nach Dracula,
eine Fortsetzung ganz im Stile Stokers geschrieben. Und dies ist ihr auch wirklich
hervorragend gelungen – Atmosphäre und Stil passen genau zum Original.
Es sei an die Vorgeschichte in »Dracula« erinnert: Der Vampir Graf
Dracula kauft in London ein Haus, um sich die moderne Welt und vor allem deren
Blut zu erschließen. Den Anwalt, der ihn in seinem Schloß aufsucht,
Jonathan Harker, überlässt er, nachdem er ihn gebissen hat, drei
Vampirfrauen (Textauszug), Harker kann
aber fliehen. Doch er kommt zu spät nach London: Dracula hat bereits Lucy,
eine Freundin seiner Verlobten Mina, gebissen; diese stirbt und wird zur Vampirin.
Einer der drei Männer, die sich um Lucy bemühten, Dr. Seward, holt
seinen alten Lehrmeister van Helsing zu Hilfe, der schnell das Geheimnis lüftet
und Lucy durch Pfählen vom Vampirdasein erlöst. Doch Dracula kann
Mina beißen, und diese ist ihm auf geheimnisvolle Weise verbunden, bis
schließlich Dracula vernichtet wird.
Hier knüpft Warrington an: Sieben Jahre später reisen die noch immer
von Alpträumen geplagte Mina und Jonathan Harker nach Transsilvanien, um
sich zu überzeugen, dass Dracula wirklich vernichtet ist. Doch
stattdessen wird dieser wieder zum Un-Leben/Un-Tod erweckt.
Ist die Geschichte stilistisch und atmosphärisch auch Stoker sehr verbunden,
taucht auch das alte Personal wieder auf, etwa Dr. Seward und Professor
van Helsing, so weicht sie doch dann inhaltlich immer stärker ab von Stokers
Grundidee. Dracula stellt sich als Schüler des wahrhaftigen Satans heraus,
als Mitglied der Schule der Scholomanten, der sich gegen Satan gestellt hat.
Und er liebt Mina so sehr, dass er sich am Ende für sie opfert und
freiwillig in den Höllenschlund springt.
Leider hat dies alles nicht mehr sehr viel zu tun mit der klassischen Vampirvorstellung
und ist in sich und in der Zeichnung der Charaktere auch keineswegs schlüssig.
Im letzten Drittel wird der Roman, der sehr dicht und gut gestaltet beginnt,
dadurch eher zu einer religiös/esoterischen Geschichte mit an den Haaren
herbeigezogenem Schluß. Schade.
Vampire sind immer wieder ein faszinierendes Thema. Mit einer besonderen Abart, einer Tageslicht-Vampirin, beschäftigt sich der bekannte Autor und Herausgeber Jörg Weigand: »Isabella oder Eine ganz besondere Liebe« ist eine »Novelle aus heutiger und vergangener Zeit«, in der ein arbeitsloser Computerspezialist aus Westdeutschland im armen Osten Deutschlands auf einen höchst anziehenden weiblichen Vampir trifft. Weigand, Jahrgang 1940, ZDF-Redakteur in Bonn und Sinologe, hat bisher sechs Bücher zur Kultur- und Geistesgeschichte Chinas geschrieben, aber auch schon viel im Bereich SF publiziert. Besonders als Herausgeber hat er sich viele Verdienste erworben; von ihm als Autor gibt es im SF- und Fantasy-Bereich bisher nur kürzere Werke in Anthologien und Storysammlungen. Mit dieser Novelle wagt er sich an ein etwas längeres Werk – und er gut daran, sich auf 80 Seiten zu beschränken. Die lange Form ist nämlich nicht seine Stärke. Obwohl er die Novelle sehr geschickt aufbaut, u. a. mit – erfundenen wie echten – Zitaten anreichert, gelingt es ihm nicht immer, den Spannungsbogen aufrecht zu halten, und vor allem wechselt er die Erzählebene zu oft in nicht immer schlüssiger Weise. Dennoch ist dies ein lesens- und liebenswertes Bändchen mit interessanten Ideen, das ich empfehlen kann.
20 Jahre nach seiner lesens- und empfehlenswerten Geschichte »Isabella oder Eine ganz besondere Liebe« legt der bekannte Autor und renommierte Herausgeber dien Band mit Vampirgeschichten vor. Schon lange im (Un-)Ruhestand, trifft man ihn immer wieder bei Veranstaltungen wie den Phantastischen Tagen in Wetzlar, und er publiziert auch noch fleißig, bspw. in der von ihm herausgegebenen Reihe »Phantastischer Oberrhein« und in den Bändchen mit Kürzestgeschichten der Phantastischen Bibliothek.
Natürlich bildet »Isabella« mit rund 100 Seiten den Hauptteil des Buches. Die anderen Geschichten sind zwar erheblich kürzer, aber kaum weniger reizvoll. Die erste Geschichte, »Notarzt«, habe ich bereits vor Jahren gelesen – das einzige Manko des Buches ist, dass es keine Hinweise auf frühere Veröffentlichungen gibt, ich kann also nicht erkennen, welche der Geschichten Originalveröffentlichungen sind.
»Auftankstation« erschien bereits 2012 im Bändchen »Invasion der Gnurks«, dem zweiten Heft der Reihe mit Kürzestgeschichten, die Thomas Le Blanc für die Phantastische Bibliothek herausgibt. Die SF-Geschichte beschreibt einen vampirischen Außerirdischen, der etwas ganz Anderes als Blut braucht,
Die anderen drei Geschichten kannte ich nicht; sie spielen alle in unserer Zeit. Bei der Titelgeschichte geht es um die Begegnung eines Vampirs mit einer ganz besonderen Elfin, »Der süße Duft des Bösen« zeigt eine Vampirin mit speziellen Jagdfähigkeiten, und bei »Das hungrige Klavier« hat Weigand sich die Grundidee aus »Vampires Ltd.« von Josef Nesvadba geborgt (1964; 1981 verfilmt als »Der Autovampir«) und diese sehr schön und elegant variiert.
Der plumpe Horror, die knallige Action sind Weigands Sache nicht, er lässt sich auch in der kleinen Form Zeit, um Neugierde zu erregen und Spannung aufzubauen, bevozugt das schriftstellerische Florett statt des Säbels. Dazu passt die elegante Gestaltung des Bändchens. Dies ist ein sehr schönes, lesens- und liebenswertes Buch, das ich empfehlen kann.
Charles Wilson, bekannt u.a. durch seine interessanten Romane »Ein stiller Zeuge« und »Ahnherr des Bösen« (Ullstein), legt hier einen routiert geschriebenen Thriller vor. Mitglieder einer Urwaldexpedition werden nach ihrer Rückkehr von einer seltsamen Krankheit befallen: Sie werden nachts wild, fallen andere Menschen an, bringen sie um, reißen ihnen die Kehle auf ... Es stellt sich heraus, dass ein Virus für diese vampiristischen Erscheinungen verantwortlich ist. In bewährter Manier wird dieser unschädlich gemacht, Armee und Präsident erweisen sich als verantwortlich und kompetent, es fehlen weder das notwendige Quentchen Humor noch Romantik – ein durchschnittlicher Thriller, aber für Vampirfans und Vampirologen interessant, da bis hin zu Diskussionen über Vlad Țepeș der Vampirismus explizit eingeführt wird und dies eine interessante moderne Variante alter Thesen zu den medizinisch-biologischen Grundlagen der Verbreitung des Vampir-Mythos darstellt.
Das internationale Vampyr-Magazin Redaktion und v. i. S. d. TMG: Friedhelm Schneidewind Stengelhofstraße 57 · 68219 Mannheim · Deutschland/GermanyTelefon 0621 48497525 + 0179 9718257 · Fax 0621 48497526 |
ISSN 1432-9484 · seit 1995 · 29. Jahrgang
»Der Vampirmythos existiert seit 2000 Jahren, er ist einer der ältesten Mythen der Menschheit.«
Friedhelm Schneidewind im Interview im KURIER, Wien, 22.11.2011
»Wie alle Horrorwesen taucht die Figur auf, wenn es Ängste und Umbrüche in der Gesellschaft gibt. Die Leute flüchten in dieses Genre ... Der jetzige Hype wurde aber auch durch das Internet gemacht.«
Friedhelm Schneidewind im Interview in den Stuttgarter Nachrichten, Heidelberg, 16.03.2011